EU-Austausch von Polizeidaten kostet Deutschland rund 3,4 Millionen Euro

Die Bundesregierung hat die Ausgaben für die Umsetzung des Prümer Vertrags zum EU-weiten Transfer von Gen-, Fingerabdruck- und KFZ-Daten deutlich unterhalb der Schätzungen Großbritanniens veranschlagt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 19 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Die Bundesregierung hat die Ausgaben für die Umsetzung des umstrittenen Prümer Vertrags zum EU-weiten Transfer von Gen-, Fingerabdruck- und KFZ-Daten deutlich unterhalb der Schätzungen Großbritanniens für die zu erwartenden eigenen Aufwendungen veranschlagt. Der Prümvertrag erlaubt für die Verfolgung schwerer Straftaten und die Bekämpfung des Terrorismus einen direkten Zugriff durch Strafverfolger der beteiligten Länder auf zahlreiche Datenbanken wie nationale DNA-Datenbanken, Fingerabdruckkarteien und KFZ-Register.

Während das britische Oberhaus mit einem erforderlichen Gesamtbetrag in Höhe von 46 Millionen Euro rechnet, will das Bundesinnenministerium zunächst mit rund 3,4 Millionen Euro auskommen. Dies geht aus der jetzt veröffentlichten Antwort (PDF-Datei) der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag hervor. Die Diskrepanz versucht Berlin mit dem Hinweis zu erklären, dass die Umsetzungskosten der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten "insbesondere in Abhängigkeit von ihrer vorhandenen technischen Infrastruktur sowie der Größe ihrer jeweiligen nationalen Datenbanken stark variieren".

Im Einzelnen schätzt die Bundesregierung den finanziellen Aufwand für die Inbetriebnahme des Datenaustauschs nach dem Vertrag von Prüm für die Bundesrepublik auf rund 900.000 Euro. Die Zahl enthält aber keine Personalkosten und bezieht sich allein auf die ursprünglichen sieben Unterstützungsnationen der Vereinbarung. Vor allem auf Drängen Deutschlands haben inzwischen alle Innen- und Justizminister der 27 EU-Mitgliedsstaaten beschlossen, dem Vertrag ohne Änderungen beizutreten. Die Ausgaben für die weiter erforderliche Ausdehnung der Weitergabe von Fingerabdruckdaten auf die gesamte EU beziffert die Regierung zudem mit 2,6 Millionen Euro. Hinzu kämen jährliche Wartungskosten für diesen Bereich von rund 15 Prozent der Investitionskosten. Für den Bereich der DNA- und Kfz-Informationen seien schließlich für Anpassungsarbeiten bei der Vergrößerung des angeschlossenen Teilnehmerkreises einschließlich Pflegekosten der Software derzeit 250.000 bis 300.000 Euro einzurechnen.

Den vergleichsweise günstigen Ansatz rechtfertigt die Bundesregierung damit, dass die Prüm-Funktionen in das vom Bundeskriminalamt (BKA) betriebene INPOL-Fahndungssystem integriert werden könnten. Zuständig sei damit der Bund. Ob und in welchem Umfang den Bundesländern eigene Kosten mit der Umsetzung entstünden, könne derzeit nicht abgesehen werden.

Zugleich hat die Bundesregierung Details zur technischen Abwicklung des Datenaustauschs erläutert. Demnach sind die Systeme für den Transfer in allen drei Datenbereichen dezentral ausgestaltet. Die Informationen verblieben bei dem sie besitzenden Staat und würden nur im Rahmen eines Abrufs oder Abgleichs übertragen. Dabei komme das geschützte EU-Netzwerk TEST (PDF-Datei) zum Einsatz. Eine Technikfolgenabschätzung vor Inbetriebnahme des erweiterten Datenverbunds ist laut der Antwort ferner nicht vorgesehen. Eine solche Analyse werde vielmehr erst "schrittweise im Zuge der Umsetzung erfolgen können".

Die Schaffung einer zentralen EU-Datenbank für Strafverfolger, wie sie die EU-Kommission unlängst im Bezug auf Biometriedaten ins Spiel brachte, ist nach den Angaben der Regierung weder im Vertrag von Prüm selbst noch im zugehörigen Ratsbeschlussentwurf vorgesehen. Zentrale Verzeichnisse sollten nur dann geschaffen werden, wenn auf Basis von Voruntersuchungen "ihr Zusatznutzen aufgezeigt werden kann". Damit sei im Einzelfall zu prüfen, ob der Grundsatz des Vorrags dezentraler Datenbanken gerechtfertigt sei. Den rechtsstaatlichen Anforderungen für die Ausübung exekutiver Befugnisse durch ausländische Strafverfolger in Deutschland sieht Berlin zudem Genüge getan, solange diese "unter der Leitung und grundsätzlich in Anwesenheit deutscher Beamten eingesetzt werden". Verfassungsrechtlichen Bedenken begegneten die entsprechenden Regelungen in dem Vertragwerk daher nicht.

Datenschützer halten die Bestimmungen des Abkommens zur Sicherung der Privatsphäre der EU-Bürger seit langem für unzureichend. Sie drängen auf die Verabschiedung eines Rahmenbeschluss zum Datenschutz im Sicherheitsbereich durch den EU-Rat, wobei sie aber den Vorstoß des Bundesinnenministeriums aus dem vergangenen Halbjahr als ebenfalls unbefriedigend ablehnen. Insbesondere sei zu verhindern, dass im nationalen Rahmen bereits erreichte Datenschutzbestimmungen eingeschränkt werden. (Stefan Krempl) / (jk)