Neue Patentkonvention für europäische Staaten tritt in Kraft

Mit der Revision des Europäischen Patentübereinkommens erhält der Verwaltungsrat des Europäischen Patentamtes deutlich mehr Befugnisse. Es bleibt bei der Klausel, wonach Software "als solche" nicht gewerblich geschützt werden kann.

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Nach jahrelangen intensiven Verhandlungen tritt das überarbeitete Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) am heutigen Donnerstag in Kraft. Das revidierte rechtliche Rahmenwerk für europäische Staaten ist das Ergebnis einer Diplomatischen Konferenz vom Herbst 2000 und eines siebenjährigen Ratifizierungsprozesses. Im Kern beschlossen die an den diplomatischen Verhandlungen beteiligten Länder, entgegen eines Vorschlags des Verwaltungsrates des Europäischen Patentamtes (EPA) die Regelungen zur Patentierbarkeit von Software aus dem Vorgängerabkommen von 1973 nicht zu ändern und damit grundsätzlich keine gewerblichen Schutzrechte auf Computerprogramme zuzulassen. Es bleibt so bei der schwammigen Klausel, wonach Software und Datenverarbeitungssysteme "als solche" nicht patentierbar sind.

EPA-Präsidentin Alison Brimelow begrüßte das sogenannte EPÜ 2000 als "weiteren Meilenstein des internationalen Patentrechts in Europa". Es vereinfache den Zugang zu einem europaweiten Zugang zum gewerblichen Rechtsschutz. Zugleich mache es Verfahren bei der Münchner Behörde einfacher für Antragsteller und Patentbesitzer, während die "verlässlichen Strukturen und die hohen Qualitätsstandards" des Patentamtes erhalten bleiben würden. Das Übereinkommen setzt die Grundlagen, auf denen das EPA nationale Bündelpatente für die 32 Staaten der hinter der Einrichtung stehenden Europäischen Patentorganisation (EPO) erteilt. Besonders umstritten ist dabei die weite Vergabepraxis des Patentamtes, der zufolge die Prüfer dort jährlich rund 6.000 zeitlich befristete Monopolansprüche auf "computerimplementierte Erfindungen" bewilligen. Dabei werden etwa Verbesserungen in der Speicherverwaltung eines Rechners oder die Erhöhung des Kontrastes eines Bildes durch eine gemischte Hard- und Softwarelösung als schützenswert angesehen, da solche "Erfindungen" angeblich einen Beitrag zum Stand der Technik leisten.

Das EPÜ 2000 bringt Erleichterungen für die Antragsteller von Patenten mit sich. So kann eine Anmeldung künftig zunächst in einer beliebigen natürlichen Sprache eingereicht werden; sie muss erst nach einer Übergangszeit in eine der drei Amtssprachen Englisch, Französisch oder Deutsch übersetzt werden. Auch Dokumentationen können zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht werden. Falls Antragsteller Fristen verstreichen lassen, können sie die weitere Bearbeitung ihrer Anmeldung einfach durch Bezahlung einer zusätzlichen Verwaltungsgebühr veranlassen. Für Patenthalter wird es ferner leichter, den Geltungsbereich ihrer Schutzrechte nach eigenem Ermessen einzuschränken. Bei Nichtigkeitsklagen können sie die Große Beschwerdekammer als Berufungsinstanz anrufen, falls sie Verfahrensverletzungen im ersten Durchgang ausgemacht haben. Insgesamt werden die Kompetenzen der Großen Beschwerdekammer ausgeweitet.

Auch der Verwaltungsrat, in dem vor allem Vertreter der nationalen Patentämter und -gerichte sowie des EPA sitzen, erhält deutlich mehr Befugnisse. Künftig muss nicht mehr wie bisher jede Änderung der Patenterteilungsvoraussetzungen oder der Wirkung von Patenten ein kompliziertes Ratifizierungsverfahren durch alle Mitgliedstaaten der EPO durchlaufen. Vielmehr kann das Gremium weite Teile des EPÜ eigenmächtig verändern. Dies betrifft unter bestimmten Bedingungen auch den elementaren Artikel 52, der den Ausschluss reiner Software von der Patentierbarkeit vorsieht. Der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) bezeichnete diese Entwicklung im Rahmen des deutschen Ratifizierungsverfahrens als "Besorgnis erregend".

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries begrüßte dagegen das Inkrafttreten des EPÜ 2000 sowie weiterer paralleler Beschlüsse des EPO-Verwaltungsrates als "gutes Signal". Diese würden für effizientere Abläufe im EPA, eine verbesserte technische Kooperation zwischen den nationalen Patentämtern und der Münchner Behörde sowie für eine "Optimierung des Qualitätsstandards" sorgen. So solle etwa auch die Möglichkeit, dass fachkundige Wissenschaftler oder betroffene Nichtregierungsorganisationen mit ihrem spezifischen technischen Wissen Einwendungen gegen Patentanmeldungen erheben können, verstärkt genutzt werden. Dadurch könne die Erfindungshöhe von Patenten besser sicher gestellt werden. Zudem bereite das EPA einen Umstieg auf vollelektronische Kommunikationsstrukturen für die Nutzer des Patentwesens vor. Allgemein werde der "Patentstandort München" mit den Reformen "nachhaltig gestärkt".

Weiter aus steht derweil die Einreichung der Ratifizierungsurkunde Frankreichs für das Londoner Übereinkommen. Der unter dem Dach des EPA getätigte Vorstoß besagt generell, dass die ausführlichen Patentbeschreibungen im Rahmen eines Antrags bei der Behörde nur noch in einer der Amtssprachen vorliegen müssen. Experten versprechen sich davon eine deutliche Vergünstigung europäischer Bündelpatente, da die bislang in vielen Fällen erforderlichen Verdolmetschungen einen Großteil der Kosten ausmachen. Es ist nun fraglich, ob das Übereinkommen wie geplant im April in Kraft treten kann. (Stefan Krempl) / (pmz)