Nachbesserungen beim Jugendmedienschutz für die mobile Welt geplant

Nach Providern und Webanbietern will die Kommission für Jugendmedienschutz nun auch die Mobilfunkbetreiber stärker in die Verantwortung nehmen, um die Verbreitung jugendschutzrelevanter Inhalte einzuschränken.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 34 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Monika Ermert

Nach Providern und Webanbietern will die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) nun auch die Mobilfunkbetreiber stärker in die Verantwortung nehmen, um die Verbreitung jugendschutzrelevanter Inhalte einzuschränken. Bei der traditionellen Jugendschutzdebatte bei den Münchner Medientagen riet der medienpolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Hans Georg Stockinger, dazu, im Rahmen der anstehenden Evaluierung des Jugendmedienschutzvertrags die Regelungen auf die Weitergabe von Inhalten über das Mobiltelefon zu erweitern. Mit Blick auf den Tausch von Gewaltvideos auf Schulhöfen habe das Bayerische Justizministerium übrigens auch eine Initiative gestartet, nach der nicht nur die Verbreitung dieser Videos, sondern auch deren Besitz strafbar werden soll.

Die KJM wurde mit den aktuellen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz  (JugendschutzgesetzJuSCHG, und für die KJM der JugendmedienschutzstaatsvertragJMStV) eingerichtet, die am 1. April 2003 in Kraft traten. Nach dem Jugendschutzgesetz müssen beispielsweise auch Computerspiele wie zuvor Kino- und Videofilme mit einer Altersfreigabe gekennzeichnet sein. Alle neuen Medien, auch Internetseiten, können zudem künftig auf den Index gesetzt werden und damit Sperrungsverfügungen unterliegen. Erweitert und verschärft wurden außerdem die Verbote für schwer jugendgefährdende Medien. Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag verpflichtet Anbieter von "Telemedien" unter anderem, Jugendschutzbeauftragte zu bestellen oder sich an eine Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und lizenzierte Filterprogramme einzusetzen, um Kindern und Jugendlichen den Zugang zu pornografischen, aber auch allgemein "entwicklungsbeeinträchtigenden" Inhalten zu verwehren. Darüber hinaus verfolgt der Jugendmedienschutz nach den aktuellen Festlegungen das Konzept der so genannten "regulierten Selbstregulierung". Dabei müssen sich Anbieter von Telemedien einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle (wie etwa der FSF) anschließen. Diese werden von der KJM zertifiziert, die auch die Einhaltung der Regeln überwacht, aber nur im Notfall vorab selbst eingreift.

In die aktuelle Debatte um Jugendmedienschutz für die mobile Welt brachte KJM-Mitglied Manfred Helmes Zahlen ein: 7 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind laut einer Studie des medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest bereits einmal Empfänger gewaltverherrlichender oder ponrographischer Videos gewesen, sagte Helmes, der auch Direktor der Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) Rheinland-Pfalz und Chefkoordinator von "klicksafe.de" ist. Die Tatsache, dass diese Geräte überall verfügbar seien, zwinge andere dazu, Verantwortung mit zu übernehmen. "Genau diese Entwicklungen waren nicht Gegenstand des Jugendmedienschutzstaatsvertrags", erklärte Helmes, der von der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM) und Mobilfunkanbietern forderte, rasch zu reagieren. "Wenn Sie meinen, Sie können sich aus der Verantwortung stehlen, dann wird es eine Entwicklung in eine andere Richtung geben", warnte Helmes. Auch im Bereich der Internetangebote sei man dann effektiver geworden, als man begonnen habe Geldbußen zu verhängen.

"Wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung", erwiderte Isabel Tilly, Rechtsanwältin im Bereich Recht und Regulierung von Vodafone. Die Mobilfunkanbieter hätten ganz im Gegenteil eine ganze Reihe von Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen ergriffen. Unter dem Dach der FSM hätten sie sich bereits 2005 auf einen Verhaltenskodex geeinigt, mit dem sie sich dazu verpflichten, Jugendschutzmaßnahmen in ihren Angeboten umzusetzen. "Nach Hinweisen über die Gefahren im Chat haben zum Beispiel alle Mobilfunkanbieter nur noch moderierte Chats. Wir sind führend bei Altersverifikationssystemen, ganz Europa schaut in diesem Bereich auf die Systeme deutscher Anbieter", betonte Sabine Frank, Geschäftsführerin der FSM. Sie riet den KJM-Vertretern aber auch dazu, Hinweise der Mobilfunkanbieter zur Forderung, mehr Schnittstellen zur Datenübertragung standardmäßig zu sperren, nicht in den Wind zu schlagen.

"Sie können nicht alle Schnittstellen dicht machen", hielt Tilly mit Blick auf den Schulhoftausch von Gewaltvideos fest. Tilly und ihre Kollegin Simone Hüls, Jugendschutzsbeauftragte von T-Mobile und Sprecherin der Mobilfunkanbieter in der FSM, betonten, dass ihre Unternehmen bereits jetzt Eltern Möglichkeiten zum Schutz der Kinder böten. Kostenpflichtige Dienste, Premiumdienste und Internetzugang könnten komplett gesperrt werden. Übrigens könnten Eltern ihren Kindern Handies geben, die nur Telefonie und SMS böten, aber mit denen keine höherwertigen Dienste möglich seien. "Wichtig ist sicherlich die Medienkompetenzschulung, denn es sind ja viele technische Sicherungssysteme bekannt, werden aber nicht genutzt", meinte Hüls. "Bevor wir neue technische Systeme anfordern, fragen wir doch einmal, warum werden die exisitierenden nicht angenommen", ergänzte Frank.

Der Vorsitzende der KJM und Chef der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien, Wolf-Dieter Ring, sagte dagegen: "Das haben wir bei jedem Problem immer als Erstes gehört, dass es technisch nicht geht." Ring begrüßte grundsätzlich, dass man mit den Mobilfunkanbietern so früh ins Gespräch gekommen sei. Im Internet sei der Jugendschutz viele Jahre vernachlässigt worden. "Und dann kommt da so eine Kommission und soll das machen. Das ist natürlich schwer." In der mobilen Welt dagegen stehe man noch am Anfang. Der Internetabruf übers Handy sei gerade bei Kindern und Jugendlichen noch nicht so verbreitet, Mobil-TV stehe noch am Anfang.

Für den Zugriff auf diese Inhalte ist die KJM nach Einschätzung von Wolfgang Schulz, dem Direktor des Hamburger Hans-Bredow-Instituts, bereits jetzt die zuständige Aufsicht. Anders sehe es beim Tausch der Gewaltvideos aus, die möglicherweise auch noch selbst produziert sind. Der Tausch falle erst einmal unter die Individualkommunikation. Inwieweit die Mobilfunkanbieter in mögliche Regelungen dafür mit einbezogen werden könnten, müsse überlegt werden. Das Bredow-Institut bereitet im Auftrag der obersten Landesjugendbehörden derzeit den in kommenden Jahr fälligen Evaluierungsbericht für den Jugendmedienschutzstaatsvertrag vor.

Zu den Münchner Medientagen siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)