INDECT: EU-Überwachungsprojekt soll auch Datenschutz stärken

Im Projekt würden auch Werkzeuge entwickelt, die sensible Informationen vor Missbrauch schützen und die Privatheit der Bürger stärken. Das erklärten Projektverantwortliche nach 22 Monaten auf eine Abgeordnetenanfrage.

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Das Überwachungsprojekt INDECT ziele nicht auf eine Unterwanderung des Datenschutzes, erklärten polnische Verantwortliche der umstrittenen Initiative in einem jetzt veröffentlichten Schreiben (PDF-Datei). Sie gaben damit nach 22 Monaten Antwort auf einen offenen Brief des linken Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko. Im Rahmen von INDECT würden vielmehr auch Werkzeuge entwickelt, die sensible Informationen vor Missbrauch zu schützen und die Privatheit der Bürger stärken, schreiben die Macher des Projekts, das von der EU-Kommission mit rund zehn Millionen Euro gefördert wird. Dies könne zum Beispiel erreicht werden, indem man spezielle Techniken für digitale Wasserzeichen anwende, um etwa Gesichter oder Nummernschilder in Aufnahmen von Videokameras verberge.

Das Recht der Bürger auf Datenschutz werde anerkannt, schreiben die Verfasser nach langer Überlegenszeit. Sicherheitsbehörden wie die Polizei dürften aber persönliche Daten einschließlich elektronischer Informationen über Verdächtige und Kriminelle ohne Wissen oder Einwilligung der Betroffenen zur Strafverfolgung oder zur Gefahrenabwehr nutzen. Im Rahmen der Forschung würden nur Daten von Personen verwendet, die in eine Verwendung eingewilligt hätten, oder "fiktive" Informationen. Gesetze oder Verordnungen würden nicht gebrochen. Wissenschaftliche Forschung erfolge aber sehr häufig in innovativen Gebieten, für die es noch keine spezifischen Regeln gebe.

Allgemein arbeitet INDECT dem Brief zufolge an neuen, fortgeschrittenen und innovativen Algorithmen und Methoden, um Terrorismus und andere kriminelle Aktivitäten zu bekämpfen. Dabei konzentriere man sich hauptsächlich darauf, die Möglichkeiten von Polizeikräften zu verbessern. Es gehe darum, die rasch anwachsenden Datenströme aus Audio- oder Videoüberwachungssysteme in städtischen Gebieten und Informationen aus anderen digitalen Systemen wie "Webseiten mit verbotenen Inhalten" effektiver auswerten zu können. Materialien aus dem Abhören von Telekommunikation einschließlich Internet-Telefonaten oder Chats würden nicht verwendet.

Bei der Videoüberwachung wolle man etwa erreichen, dass möglicherweise gefährliche Situationen wie überraschende oder besonders schnelle Bewegungen von Autos, Radfahrern oder Fußgängern unter schlechten Bedingungen wie Regen oder Dunkelheit noch zu 70 oder 80 Prozent erkannt werden könnten. Bestehende Systeme funktionierten hier derzeit noch sehr schlecht. Die Suche nach Fotos oder Videos solle mithilfe von Wasserzeichen in Inhalten insgesamt verbessert werden. Neue Überwachungstechnologien würden nicht geschaffen, bestehende aber zusammengeführt und verfahrensmäßig aufgewertet.

Hunko stellt der Bescheid nicht zufrieden. Die Antwort aus Warschau illustriert für den Linken die Problematik der sogenannten "Sicherheitsforschung" der EU: "Auskünfte sind widersprüchlich, Zuständigkeiten unklar." INDECT habe sich erst im September erstmals öffentlich der Diskussion gestellt. Es sei deutlich geworden, dass der "Gefährlichkeit" der Initiative "nicht nur mit Datenschutz begegnet werden kann". Vorangetrieben würden hier Werkzeuge für eine neue digitale Polizeiarbeit, die sich zu einem "proaktiven" Ansatz im Sinne einer computergestützten 'Gefahrenabwehr' verschiebe. Damit solle möglichst in Echtzeit abweichendes Verhalten aufgespürt werden. (axk)