Webfilter: Russisches oberstes Gericht verstärkt Druck auf Provider

Das oberste russische Gericht meint, selbst illegale Inhalte zu verbreiten sei gleichzusetzen damit, den Zugang zu ihnen zu ermöglichen.

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Der oberste russische Gerichtshof hat entschieden, dass es nicht nur gegen das Gesetz verstößt, verbotene Inhalte anzubieten, sondern auch den Zugang zu ihnen zu ermöglichen. Internet-Provider, die gegen diesen Grundsatz verstoßen und unrechtmäßige Inhalte nicht blockieren, können ihre Lizenz verlieren, berichtet die Moscow Times.

In dem konkreten Fall hatte die Staatsanwaltschaft der westrussischen Oblast Pskov vom Provider Rostelecom verlangt, den Zugang zu Glückspiel-Websites zu blockieren. Das Gericht in Pskov hatte aber zunächst entschieden, dass zwar Online-Glückspiele anzubieten verboten sei, nicht aber den Zugang zu ihnen zu ermöglichen. Das oberste Gericht war in einem Urteil von Anfang Oktober anderer Meinung (Az. 91-KGPR12-3). Rostelecom müsse technisch dafür sorgen, dass die Kunden nicht mehr diese Websites besuchen können. Der Fall wird an das zuständige Gericht zurückverwiesen.

Ende Oktober trat in Russland ein Gesetz in Kraft, nach dem das Internet stärker kontrolliert werden soll. Unter anderem gibt es nun eine schwarze Liste, auf der Websites gesammelt werden, die von den Providern gesperrt werden müssen. Bis Sonntag versammelten sich darauf gut 1500 Einträge. Die Liste richtet offiziell gegen Kinderpornografie, die Verherrlichung von Drogenkonsum und Aufrufe zum Selbstmord. Angesichts der möglichen Einschränkung demokratischer Freiheiten wurde Kritik laut, unter anderem auch von der Europäischen Union.

Anton Maltsev, Anwalt der Kanzlei Baker & McKenzie, meint, bislang warteten Provider mit Blockaden von Websites, bis diese auf der schwarzen Liste erscheinen. Seines Erachtens werden sie aber nun durch das Urteil des obersten Gerichts angehalten, von sich aus illegale Inhalte zu blockieren. Beobachter gehen davon aus, dass diese Art Selbstzensur künftig in Russland zunehmen kann. (anw)