Bundestag begrüßt geplante EU-Datenschutzreform ein bisschen

Die Abgeordneten haben einen schwarz-gelben Antrag verabschiedet, der sich vor allem beim Datenschutz im öffentlichen Bereich für den Erhalt nationaler Spielräume ausspricht und insgesamt möglichst viel beim Alten lassen will.

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Der Bundestag hat in der Nacht zu Freitag einen Antrag der schwarz-gelben Koalition zur geplanten Datenschutz-Grundverordnung auf EU-Ebene verabschiedet. Er begrüßt in der Stellungnahme, dass sich die EU-Kommission eine "umfassende Reform des europäischen Datenschutzrechts zum Ziel gesetzt hat". Mit deutschen Bestimmungen in diesem Bereich könne allein kein wirksamer Schutz vor "global aus Drittstaaten heraus agierenden Unternehmen bewirkt werden", heißt es in dem Papier. Einverstanden erklärt sich das Parlament auch­ für den privaten Bereich mit dem gewählten Rechtsinstrument einer Verordnung, die nationales Recht direkt ersetzen würde.

Gleichzeitig fordert die Position, die von der Opposition nicht geteilt wird, die Bundesregierung auf, sich "insbesondere im öffentlichen Bereich für den Erhalt nationaler Regelungsspielräume einzusetzen". Zudem müsse ein einheitliches Datenschutzrecht Bürokratie abbauen und den Aufwand "gerade für weniger risikobehaftete Datenverarbeitungen" in einen angemessenen Ausgleich zu den Schutzinteressen Betroffener bringen. Die Bildung von umfassenden Persönlichkeitsprofilen dürfe nur mit einer "ausdrücklichen Einwilligung" oder auf Basis einer gesetzlichen Grundlage erfolgen; für Datenverarbeitungen, die Persönlichkeitsrechte weniger gefährdeten, seien andere Regelungen ausreichend.

Die Stellungnahme unterstreicht die Bedeutung der im Entwurf erwähnten Instrumente der Selbstregulierung, Datenschutzfolgeabschätzungen und Zertifizierungsverfahren. Vorgaben zur datensparsamen Gestaltung von IT-Systemen und -prozessen sowie Mechanismen insbesondere des technischen Datenschutzes wie Anonymisierung oder Pseudonymisierung sollten zur Anwendung kommen. Insgesamt müssten die Vorgaben dem "Verhältnis zwischen dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und möglicherweise kollidierenden Grundrechten wie der Meinungsfreiheit, der Informationsfreiheit, der Pressefreiheit, der unternehmerischen Freiheit oder der Forschungsfreiheit sowie dem Recht auf Eigentum ausreichend Rechnung tragen".

Der Opposition geht dieser Ansatz nicht weit genug. Gerold Reichenbach äußerte sich in den zu Protokoll gegebenen Redebeiträgen im Namen der SPD-Fraktion zunächst empört darüber, dass "dieses wichtige und weitgehende Thema" zu nachtschlafender Zeit auf die Tagesordnung gesetzt worden sei. "Sie wollen verhindern, dass die Bürger mitbekommen, wie die Koalitionsfraktionen wieder einmal im Interesse der Wirtschaft ihren Datenschutz aushöhlen wollen", erklärte er in Richtung Schwarz-Gelb. "Mit Ihrer Politik auf europäischer Ebene führen Sie und das zuständige und CDU-geführte Ministerium unter dem Deckmantel, das hohe deutsche Niveau zu verteidigen, doch nichts anderes im Sinn", als den Verordnungsentwurf "weiter zu durchlöchern und dann auch deutsche Datenschutzgesetze außer Kraft zu setzen".

Sicherlich bedürften die Regelungen der Verordnung noch der Überarbeitung und Ergänzung, führte Reichenbach an. Die SPD habe in einem eigenen Antrag Vorschläge gemacht, um den europäischen Datenschutz auf "hohem Niveau" zu harmonisieren. Ganz ähnlich stichelte Jan Korte von der Linksfraktion, dass die Koalition "hinter schönen Worten über deutsche Standards ihre über Europa gespielte Absenkung derselben in vielen Bereichen kaum verstecken" könne.

Der Verbraucher- und Datenschutz sowie der Erhalt von Grund- und Bürgerrechten sei Schwarz-Gelb "ganz offensichtlich nicht so wichtig und schon gar kein Herzensanliegen", hieb der Grüne Konstantin von Notz in die gleiche Kerbe. So werde etwa das unglückliche Wort von der "Bagatelldatenverarbeitung" reanimiert. Dabei zähle die EU-Datenschutzreform "zu den bedeutendsten gesellschaftspolitischen Projekten unserer Zeit". Von Notz sorgte sich, "ob der Entwurf an den für die Modernisierung entscheidenden Stellen die hinreichende Präzision und Entschiedenheit" aufbringe. Um hier voranzukommen, hatten auch die Grünen einen Antrag eingebracht. Dieser fand zusammen mit dem Vorstoß der SPD aber keine Mehrheit.

Für die CDU/CSU-Fraktion versuchte Stephan Mayer, gemeinsame Kritikpunkte herauszustellen. "So verbindet uns beispielsweise die Sorge über die Vielzahl der delegierten Rechtsakte in dem vorgelegten Entwurf", erklärte der Christsoziale. Grundsätzliche Regelungen gehörten in den Text der Verordnung und dürften nicht im Nachhinein von Brüssel festgesetzt werden. Mayer hielt fest, dass die Initiative "noch an vielen Stellen einer grundlegenden Überprüfung und auch Veränderung bedarf".

"Wir brauchen eine Ausgewogenheit, damit wir den Datenschutz nicht missbrauchen", verteidigte die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz die Stellungnahme. Ihrer Ansicht nach wäre es falsch, "wenn wir so täten, als sei jede Datenverarbeitung in der Wirtschaft oder zu wirtschaftlichen Zwecken Teufelszeug". Die Koalition sei davon überzeugt, dass es im ureigensten Interesse von Unternehmen liege, "ein hohes Datenschutzniveau einzuhalten" und so Vertrauen aufzubauen. "Deshalb setzen wir eben auch auf Selbstregulierung und betrieblichen Datenschutz." (ea)