Bundesinnenminister heizt Streit um verstärkte Videoüberwachung an

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat nach dem Bonner Bombenfund eine Ausweitung der Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen gefordert. Die Opposition hält den erneuten Vorstoß für verfehlt.

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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich möchte nach dem Bombenfund am Bonner Hauptbahnhof vergangene Woche mehr Kameras zur Videoüberwachung im öffentlichen Bereich anbringen lassen. "Wir brauchen eine effiziente Videoüberwachung und Videoaufzeichnung auf öffentlichen Plätzen und Bahnhöfen", sagte der CSU-Politiker dem Spiegel. Damit ließen sich Gewalttäter abschrecken sowie Straftaten und geplante Anschläge aufklären. Gerade im Bahnbereich bestehe Handlungsbedarf. Dort gebe es zu wenige Kameras. Zudem würden die Bilder bisher nur an ausgewählten Einrichtungen aufgezeichnet. Bei dem Vorfall in Bonn griff die Polizei daher auch auf Aufnahmen eines Schnellrestaurants vor Ort zurück.

In den Reihen der CDU/CSU hat Friedrich viele Unterstützer für seinen Vorschlag. Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann und Wolfgang Bosbach, der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, (beide CDU) hatten sich am Wochenende mit vergleichbaren Forderungen zu Wort gemeldet. Ihr Parteikollege Frank Henkel hat sich dagegen vor allem für den Einsatz von mehr Sicherheitsbeamten ausgesprochen. Videoüberwachung sei vor allem bei der Aufklärung von Straftaten ein wichtiges Instrument, meinte der Berliner Innensenator: Aber die beste Aufzeichnung nütze nichts, wenn kein Personal vorhanden sei, um an einem Konfliktpunkt rasch einzugreifen.

Polizeikreise haben gespalten auf die Wünsche aus der Union reagiert. Bernd Carstensen, Vorsitzender des Bunds Deutscher Kriminalbeamter (BDK), machte sich für eine "flächendeckend Videoüberwachung bei der Deutschen Bahn" stark. Die Aufnahmen müssten dabei "mindestens 48 Stunden" aufbewahrt werden. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, gab dagegen zu bedenken, dass auch solche Maßnahmen einen zu einem Terroranschlag entschlossenen Täter nicht von seinem Vorhaben abhielten. Etwas anderes zu behaupten, sei "Sicherheits-Suggestion". Witthaut drängt daher auf eine "nachhaltige personelle Stärkung von Polizei und Sicherheitsbehörden". Prävention und Voraufklärung seien unerlässlich im Kampf gegen den Terrorismus.

Beim Koalitionspartner FDP und der Opposition kommt Friedrichs Appell nicht gut an. "Wir brauchen jetzt keine neue Debatte über Strafverschärfungen oder mehr Videoüberwachung", betonte der Generalsekretär der Liberalen, Patrick Döring, gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Wichtig seien "effektive Sicherheitsbehörden", um den Fall aufzuklären. "Wir müssen unsere ganze Energie auf die Reform der Sicherheitsarchitektur konzentrieren", erklärte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in der Welt. Es sei dafür zu sorgen, dass Bomben die Bahnhöfe gar nicht erst erreichen könnten.

"Mit seinem reflexhaften Ruf nach schärferen Gesetzen und mehr Videoüberwachung macht es sich Innenminister Friedrich zu leicht", konstatierte auch Renate Künast, Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion, in der Süddeutschen Zeitung. Der Ressortchef müsste zunächst für mehr Kooperation der verschiedenen Stellen und zielgerichtetes Arbeiten sorgen, um Anschläge im Vorfeld zu verhindern. Der schleswig-holsteinische SPD-Chef Ralf Stegner hat Friedrichs Initiative als "hilflose Öffentlichkeitsarbeit" abgetan. Der Reflex, sich etwas von einer verschärften Überwachung zu erhoffen, sei in der Regel falsch.

Vor einer Woche war an dem Bonner Verkehrsknoten in einer abgestellten Tasche eine Bombe entdeckt und von einem Spezialkommando entschärft worden. Die Sprengladung war offenbar gezündet worden, worauf Schmauchspuren hinweisen sollen. Medienberichten zufolge waren die Batterien der Zündanlage aber zu schwach, um eine echte Explosion zu erzeugen. Die Bombenbauer vermutetet die Polizei in islamistischen Kreisen. (jk)