Bundestag streitet über Kosten für Informationsfreiheit

FDP und Gründe fordern eine Überarbeitung der Gebührenordnung für Auskünfte nach dem Informationsfreiheitsgesetz, da diese die Bürger von Anfragen bei der Verwaltung abschrecke.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 123 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.

Die Auseinandersetzung um die saftigen Gebühren, die das Bundesinnenministerium in seiner Gebührenordnung zum Informationsfreiheitsgesetz für Auskunftsersuche bei der Verwaltung ermöglicht hat, beschäftigt nun auch den Bundestag. Am Donnerstagabend sollten Anträge der FDP und der Grünen debattiert werden, die beide eine bürgerfreundliche Kostenregelung fordern und damit dem erst Anfang des Jahres in Kraft getretenen Gesetz zum Durchbruch verhelfen wollen. Da sich die Tagesordnung auf Grund einer langen Debatte über die Vogelgrippe und der anschließenden Diskussion vor dem befürwortenden Beschluss zur Vorratsdatenspeicherung verzögert hatte, gaben die vorgesehenen Redner ihre Beiträge schriftlich zu Protokoll. Die Behandlung der Anträge verwiesen die Fraktionen in die zuständigen Ausschüsse.

"Mit der erlassenen Gebührenordnung verfolgt die Bundesregierung eine Strategie der Abschreckung", begründet die innenpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Silke Stokar, laut der vorbereiteten Rede den Antrag ihrer Partei. Die Richtlinien des Bundesinnenministers bezeichnete sie als Wegweiser zurück ins preußische Amtsgeheimnis: "Wer es wagt, zu fragen, zahlt Strafgebühren." Eine Gebührenordnung, die Verwaltungskosten eins zu eins umsetzen wolle, laufe aber den Vorgaben des Gesetzes zuwider.

Als Beleg für die abschreckende Wirkung der Kostenfestsetzungen des Innenministerium wertet Stokar unisono mit ihrer Kollegin von der FDP, Gisela Piltz, die negativen Erfahrungen mit dem Außenministerium. Das Auswärtige Amt schickte sich jüngst an, ein Bürgerbegehren nach Akteneinsicht gemäß dem Informationsfreiheitsgesetz zu einem teuren Vergnügen umzugestalten und korrigierte den "Fehler" erst nach Protesten. "Knapp 108 Euro für vier Kopien, ich finde, das ist ein stolzer Preis", kritisierte Piltz den Vorgang, nachdem sie allgemeine Verwaltungsgebühren von der anfangs geforderten Summe abgezogen hatte. Notwendig ist ihrer Meinung nach "eine Verwaltungsvorschrift, in der konkretisierende Kriterien aufgezeigt werden, für welche Informationsanträge welche Gebühren anfallen können". Die Bürger, die Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz stellen wollen, müssten sich vorab die Größenordnung der Kosten vorstellen können, die auf sie zukommen.

Ein Dorn im Auge ist Piltz auch das vom Außenministerium geäußerte Ansinnen, nur nach bereits erfolgter Gebührenzahlung Informationen herauszurücken. Es sei "eigentlich fast unverschämt zu nennen, einen Bürger, der ein ihm gesetzlich – und nach Auffassung der Bundesregierung sogar verfassungsrechtlich – garantiertes Recht wahrnehmen will, so zu behandeln", empört sich die Liberale über das Misstrauen in der Verwaltung. Vorkasse sollte ihrer Ansicht nach nicht das übliche Verfahren sein, sondern allenfalls unter besonderen Umständen zur Anwendung kommen. Dass Bürger nach Auskunft der Regierung bislang nicht mehr als 111 Anfragen auf Grund der neu gewährten Informationsfreiheit gestellt haben, wertet Piltz mit als Folge der Unklarheit über die entstehenden Kosten. Interessierte müssten mehr darin unterstützt werden, aktiv Interesse am Verwaltungshandeln zu entwickeln und damit "einen Beitrag zu mehr Transparenz und einem steigenden Vertrauen zwischen Bürgern und Staat zu leisten". Es dürfe nicht sein, "dass die Verwaltung am liebsten Klarsicht auf den gläsernen Bürger hat, aber selbst diffus hinter Milchglas abtaucht".

Michael Bürsch von der SPD zeigt für die Einwände "im Prinzip Verständnis": Ein großes Problem sieht auch er darin, "dass die Kostenverordnung kein so genanntes Kumulationsverbot enthält". Wenn also ein Bürger in demselben Verfahren zunächst Einsicht in die Akten und dann Herausgabe weiterer Schriftstücke verlange, könnten jeweils Gebührenbeträge bis zu 500 Euro verlangt werden. Der Gesetzgeber habe in seiner Begründung jedoch ausgeführt, dass sich die Kostenverordnung für das Informationsfreiheitsgesetz an der zum Umweltinformationsgesetz orientieren solle. In der Umweltinformationskostenverordnung sei ein solches Verbot der Gebührenanhäufung festgelegt. Bürsch will daher Innenminister Wolfgang Schäuble auffordern, die Kostenregelung für die Akteneinsicht entsprechend nachzubessern. Weitergehenden Änderungsbedarf sieht er bislang nicht.

Brüsk zurück wies die Forderungen der Grünen und Liberalen die Abgeordnete Beatrix Philipp. Die CDU-Politikerin erklärte in deren Richtung, "dass es weit mit Ihnen gekommen ist", wenn "Ihnen in Anbetracht von existenziellen Problemen im In- und Ausland" tatsächlich nichts anderes einfalle, als eine Verordnung wegen zu hoch scheinender Gebühren zu kritisieren. Der Innenexpertin wäre es am liebsten, wenn das bei der Union ungeliebte Gesetz bald wieder auf den Prüfstand gestellt würde. Und zwar bestenfalls unter einer Regierung, die "kein Interesse daran hat, eine qualifizierte Verwaltung zu einer bürokratischen 'Auskunftei' umzubauen". Die reine Möglichkeit der Auskunft über fast alle erfassten Daten muss laut Philipp auch nicht zwingend damit verbunden sein, dass diese "Dienstleistung" der Verwaltung auch noch kostenlos erfolgt. Eine Ahnlehnung der Gebührenordnung an die des Umweltinformationsgesetzes lehnt die Unionsvertreterin ab, da zwischen beiden bereichen "erhebliche Unterschiede" etwa beim Umfang der zu machenden Auskünfte oder der benötigten Amtshandlungen bestünden. (Stefan Krempl) / (jk)