EU-Netzberater zu Guttenberg: Außer Spesen nix gewesen?

Knapp 20.000 Euro Reisekosten hat Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in seinem ersten Jahr als EU-Beauftragter für Internetfreiheit Brüssel in Rechnung gestellt. Ergebnisse seiner Arbeit sind noch nicht bekannt.

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Knapp 20.000 Euro Reisekosten hat Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in seinem ersten Jahr als EU-Beauftragter für Internetfreiheiten der EU-Kommission in Rechnung gestellt. Dies berichtet "Spiegel Online" unter Verweis auf Brüsseler Kreise. Öffentliche Ergebnisse seiner Arbeit sind hingegen nicht bekannt. Der frühere Regierungsvertreter übe seine Beratertätigkeit vor allem im persönlichen Gespräch mit der für die Digitale Agenda zuständigen EU-Kommissarin Neelie Kroes aus, wird kolportiert. Angaben über wahrgenommene Termine, Konferenzen oder größere Schriftsätze von zu Guttenberg habe ein Sprecher der Niederländerin nicht machen können.

Kroes hatte den Freiherren vor einem guten Jahr überraschend als Mitstreiter bei der Umsetzung der "No Disconnect"-Strategie Brüssels präsentiert. Er werde ihr helfen, weltweit für die Internet-Freiheiten einzutreten und Zensurbestrebungen des Online-Mediums zu bekämpfen, hatte es damals geheißen. Netzaktivisten sollten etwa unterstützt werden, Kanäle wie soziale Netzwerke und Blogs bestmöglich für die Verbreitung ihrer Inhalte zu nutzen. Werkzeuge zum Umgehen von Blockade- und Filtertechniken sollten ihnen in die Hände gegeben werden. Parallel seien auch Informationen über das Geschehen vor Ort zu sammeln, um die Intensität von Überwachung und Zensur in Drittstaaten aus erster Hand beurteilen zu können.

Einzelne Reisen hat zu Guttenberg im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit für die Kommission offensichtlich durchgeführt. Wohin sie ihn führten, wird in Brüssel und jenseits des Atlantiks, wo der Beauftragte beim Center for Strategic and International Studies (CSIS) angesiedelt ist, nicht veröffentlicht. Sein "Verständnis von der Tätigkeit eines unabhängigen Beraters ist es, diskret und ohne Öffentlichkeitsarbeit möglichst effizient im Hintergrund zu agieren", teilte sein Büro dem Bericht nach mit. Dies geböten auch die "Sensibilität der Materie" und der "Schutz beteiligter Personen". Die noch amtierende US-Außenministerin Hillary Clinton lässt derweil kaum eine Gelegenheit aus, auf speziell durchgeführten Veranstaltungen für die globale Netzfreiheit zu trommeln.

Die Bundesregierung schweigt sich über die aktuellen Aufgaben ihres früheren Mitglieds aus. "Amtliche Erkenntnisse" über dessen "netzpolitische Aktivitäten" lägen wegen fehlender Zuständigkeit nicht vor, erklärt Berlin in einer Antwort auf eine Frage der Linksfraktion im Bundestag zu den Leistungen zu Guttenbergs im Internetbereich. Netzpolitiker aus dem Parlament wie Lars Klingbeil (SPD) haben ihn in seiner neuen Funktion bislang "überhaupt nicht wahrgenommen". Der Grüne Konstantin von Notz kann sich nur an die Berufung des Christsozialen durch Kroes erinnern, die er im Nachhinein als "PR-Gag" wertet. Dadurch habe es die Kommission verabsäumt, in dem wichtigen Feld der Netzpolitik Akzente zu setzen.

Einer der mehr oder weniger diskreten "Auftritte" des früheren politischen Shooting-Stars hat in der Netzöffentlichkeit jedoch für Aufsehen gesorgt: Anfang Februar hatte sich zu Guttenberg mit Stephan Urbach von der Piratenpartei zu einem Gespräch in einem Café in Berlin-Friedrichshain getroffen. Unbekannte hatten ihn dabei mit einer Sahnetorte beworfen. (bo)