29C3: Geplante GEMA-Alternative sieht sich auf gutem Weg

Die Cultural Commons Collecting Society (C3S) möchte sich im 1. Halbjahr 2013 als europäische Genossenschaft etablieren und nach einer Startphase von zwei Jahren urheberrechtliche Vergütungen treuhänderisch verwalten.

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Die Cultural Commons Collecting Society (C3S) möchte sich im 1. Halbjahr 2013 als europäische Genossenschaft etablieren und ihre Zulassung beantragen. "Die Satzung zusammenzuschrauben hat sich als schwieriger herausgestellt als gedacht", erklärte Holger Schwetter aus dem Gründungsteam der juristisch noch formlosen Initiative am Freitag auf dem 29. Chaos Communication Congress (29C3) in Hamburg. Es werde noch Gründungskapital benötigt, Fördertöpfe seien zu erschließen und eine freie Software mit offenen Schnittstellen für die Kernaufgaben einer Verwertungsgesellschaft müsse gebaut werden. Der Bochumer Musikwissenschaftler rechnet so mit einer Startphase von insgesamt zwei Jahren, in der die als GEMA-Alternative gedachte Einrichtung noch nicht wirklich Rechte wahrnehmen und Vergütungen für Urheber treuhänderisch verwalten könne: "Wir sind dabei, Strukturen im laufenden Prozess zu entwickeln."

Ziel sei es, möglichst viele Leute zu integrieren. Ein "kleiner Schwarm" für lose Kooperationen habe sich bereits gebildet. Es sei auch denkbar, zwischen "nutzenden und investierenden Mitgliedern" ohne direktes eigenes wirtschaftliches Interesse an Ausschüttungen zu unterscheiden. Noch feile man aber etwa daran, die unterschiedlichen Vorgaben zu Mitspracherechten aus dem Urheberwahrnehmungsgesetz und dem Genossenschaftsrecht unter einen Hut zu bringen. "Eine wachsende Zahl von Urhebern fühlt sich in der GEMA nicht vertreten", wusste der C3S-Rechtsbeirat Meinhard Starostik zu berichten. So könnten sie dort nicht bestimmen, welche Werke sie zum Inkasso an die Verwertungsgesellschaft gäben oder welche sie mit freien Lizenzen wie Creative Commons für den allgemeinen Gebrauch öffneten. Dazu komme ein "drastisches Demokratiedefizit" bei der angestammten Musikverwertungsorganisation und das "strukturelle" Problem, dass nur fünf Prozent ihrer Mitglieder mit den größten Umsätzen stimmberechtigt seien.

Zudem würde mit der Anerkennung der C3S die GEMA-Vermutung fallen, wonach Veranstalter oder DJs derzeit selbst nachweisen müssten, dass gespielte Musik nicht aus dem Repertoire der Gesellschaft stamme. Diese Bestimmung gelte nur, solange die GEMA in ihrem Bereich ein tatsächliches Monopol habe.

Der Rechtsanwalt erläuterte, dass sich neben zahlreichen Künstlern wie etwa Luci van Org auch bereits das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) als Aufsichtsbehörde für Verwertungsgesellschaften bei der C3S gemeldet habe. Im November habe ein offenes Gespräch stattgefunden, da die Kontrollinstanz unter anderem sicherstellen wolle, dass die im Raum stehende Einrichtung nicht etwa schon treuhänderisch tätig geworden sei. Wahrnehmungsverträge wären vor einer Zulassung durch das DPMA unwirksam, räumte Starostik ein. Man könne sie bis dahin aber mit aufschiebender Wirkung abschließen, um sich ein Repertoire mit wirtschaftlicher Bedeutung aufzubauen. Hierzulande gebe es bislang 12 Verwertungsgesellschaften, eine Genossenschaft sei für die Prüfbehörde aber neu. Insgesamt habe diese den Gründern noch einige Hausaufgaben mit auf den Weg gegeben: "Wir müssen einen Businessplan vorlegen und zeigen, dass wir Vergütungen fair abrechnen und weiterleiten können."

Der C3S-Vordenker m.eik michalke sieht die Initiative trotz der Anfangsschwierigkeiten auf einem guten Weg. Seinem Verständnis nach hat sich die bisher geleistete Vorarbeit ausgezahlt. So habe sich das Gründungsteam vorgenommen, bis Jahresende über eine eigene Mailingliste und andere Online-Kommunikationskanäle 1000 Leute "permanent zu erreichen". Dieser Eckstein sei angesichts eines "stetigen Interesse" an der GEMA-Konkurrenz und dem von ihr vorbereiteten "Hack am bestehenden System" deutlich übertroffen worden.

Nach vielen Gesprächen mit Künstlern und Experten sehe man auch großen Reformbedarf bei anderen, weniger bekannten Verwertungsgesellschaften. Es sei so denkbar, das Modell auf andere, unter freien Lizenzen stehende Werke auszudehnen. Zunächst müsse aber "etwas Funktionierendes an den Start" gebracht werden. (js)