Rufe nach "drittem Korb" der Urheberrechtsreform werden lauter

Der Bundesrat hat die 2. Stufe der Urheberrechtsnovelle zwar gebilligt, aber auch eine rasche weitere Anpassung der Kopierregeln an die Belange von Bildung, Wissenschaft und Forschung angemahnt. Kritisiert wurde die EU-Festlegung auf DVB-H beim Handy-TV.

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Der Bundesrat hat die heftig umstrittene zweite Stufe der Urheberrechtsnovelle zwar gebilligt, aber auch eine rasche weitere Anpassung der Kopierregeln an die Belange von Bildung, Wissenschaft und Forschung angemahnt. Im Rahmen eines sogenannten 3. Korbs der Urheberrechtsreform sollen laut den Ländern unter anderem neue Verwertungsmodelle gemäß dem "Open Access"- und dem "Open Source"-Ansatz sowie die Wiedergabe von Werken an elektronische Leseplätze in sämtlichen Bildungseinrichtungen geregelt werden. Die Länderchefs folgten mit der Forderung einer Empfehlung des Kulturausschusses des Gremiums. Vergleichbare Forderungen erhoben Bildungs- und Forschungspolitiker aus dem Bundestag direkt im Rahmen der Verabschiedung des 2. Korbs durch das Parlament vor der Sommerpause.

Das Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft", das die Absegnung der zweiten Reformstufe am liebsten verhindert gesehen hätte, unterstützt nun den Ruf nach einem 3. Korb. Die Vereinigung erwartet vor allem, dass auch im Urheberrecht die Weichen für Open Access gestellt werden. Hinter diesem Ansatz verbirgt sich ein alternatives Publikationsmodell für Forschungsergebnisse zur Förderung des freien Austauschs wissenschaftlicher Erkenntnisse. Eine ausdrückliche gesetzliche Freigabe dieses Verfahrens hält das Aktionsbündnis für überfällig. Die Vereinigung geht von einem Boom von Open Access aus: "Je restriktiver das Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft wird, umso eher werden immer mehr Wissenschaftler überzeugt sein, dass andere Modelle der Produktion, Distribution und Nutzung von Wissen und Information erforderlich sein werden als die jetzigen proprietären und kommerziellen Lösungen." Alles deute daher auf den "flächendeckenden Einsatz von Open-Access-Verfahren" hin, sei es für Primärpublikationen oder für Sekundärpublikationen in offenen Archiven ("Open Repositories").

Weiter begrüßt der Zusammenschluss von Forschungsinstitutionen und Professoren, dass der Bundesrat auch die neuen Regelungen zum Dokumentversand durch Bibliotheken verbessert wissen will. Zudem geht das Bündnis mit den Ländern konform, dass die Regelung zum Ausschluss der Verwendung von Kopien aus Schulbüchern für den Unterrichtsgebrauch "sorgfältig beobachtet" und im Fall einer unangemessenen Verschlechterung der Bedingungen für den Kultusbereich der Länder kurzfristig angepasst werden solle. Die Wissenschaftler sind aber zugleich skeptisch, was Verhandlungen über einen 3. Korb angeht. Die sich überwiegend auf bestehende Gesetze und Richtlinien beziehende Argumentation der gesetzgebenden Juristen lasse kaum grundlegende Änderungen erwarten. Solange die den Realitäten elektronischer Räume unzureichend Rechnung tragende EU-Urheberrechtsrichtlinie nicht revidiert werde, sei der Bezugsrahmen für nationale Verbesserungen zu restriktiv. Zudem sieht das Bündnis die Prioritäten der Gesetzgeber weiter bei der Stärkung der "kommerziellen Interessen bei der Verwertung von Wissen". Trotzdem werde man versuchen, "mit allen Argumenten in den Prozess des dritten Korbs einzugreifen".

Medienpolitisch hat sich der Bundesrat weiter gegen das Vorhaben der EU-Kommission ausgesprochen, beim Handy-TV auf DVB-H als "alleinigen Übertragungsstandard" zu setzen. Die Länder lehnten in diesem Sinne das Brüsseler Vorhaben ab, die Spezifikation in das Verzeichnis der Normen aufzunehmen, die im EU-Amtsblatt veröffentlicht und damit besonders für die Implementierung empfohlen werden. Die Länderkammer sieht es als Aufgabe der Mitgliedstaaten, "in den vorhandenen Frequenzbereichen sicherzustellen, dass Frequenzen für das Mobilfernsehen zur Verfügung gestellt werden". Allgemein sollen zudem die mitgliedstaatlichen Regelungsbefugnisse zur Sicherung des freien Informationsflusses, der Medienpluralität und der kulturellen Vielfalt auch im Rahmen der Frequenzpolitik beachtet werden. Mobiles Fernsehen ist für den Bundesrat zudem eindeutig Rundfunk und unterliege so einer strengeren Regulierung als Telemedien.

Zur Diskussion um das Urheberrecht, das geistige Eigentum, Tauschbörsen und illegale Kopien sowie um die Urheberrechtsnovellierung siehe die Übersicht mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln und zu den Gesetzesentwürfen und -texten:

(Stefan Krempl) / (pmz)