Kabelanbieter: Bandbreiten-Limits haben nichts mit Netzkapazitäten zu tun

Michael Powell, Präsident der US-Vereinigung der Kabel- und Telekommunikationsnetzbetreiber, hat eingeräumt, dass Verbrauchsgrenzen nicht zur Abwehr eines drohenden Netzkollaps nötig seien. Es gehe vielmehr um Preisfairness.

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In der Diskussion um Netzneutralität und die Gefahr eines Zweiklassen-Internets taucht immer wieder das Argument auf, Bandbreite werde knapp, da die Kapazität auch in den Backbones beschränkt sei. Michael Powell, Präsident der US-Vereinigung der Kabel- und Telekommunikationsnetzbetreiber, hat nun eingeräumt, dass monatliche Verbrauchsgrenzen bei der Internetnutzung nicht zur Abwehr eines drohenden Netzkollaps nötig seien. Das vielfach im Mund geführte Argument, dass mit Limits bei der Bandbreitennutzung gegen verstopfte Leitungen vorgegangen werden solle, sei falsch, erklärte der Chef der National Cable and Telecommunications Association (NCTA) laut einem Bericht des Fachdienstes "Broadcasting & Cable". Vielmehr sei das hauptsächliche Ziel solcher Beschränkungen, einen fairen finanziellen Ausgleich für die hohen Festkosten zu erzielen, die der Netzausbau verschlinge.

Völlig zu vernachlässigen sei der Aspekt des Bandbreitenmanagements zwar nicht, führte Powell aus. Ernsthafte Bedeutung habe dieser aber allein im mobilen Internet. Der Kabelindustrie lägen dagegen der hohe Aufwand des Aufreißen von Straßen oder des Aufhängens von Leitungen sowie die Betriebskosten im Magen. Da sei es ein "völlig vernünftiges und akzeptables" Unterfangen, diese Summen möglichst angemessen auf die Kunden zu verteilen. Die meiste Bandbreite werde von einem kleinen Kreis verbraucht, der dafür auch entsprechend zur Kasse gebeten werden solle. Anders sei es etwa nicht möglich, die verbliebene Gruppe der Nonliner mit günstigen Preisen eventuell doch noch ins Internet zu locken.

Als weiteren Grund für nutzungsabhängige Gebühren nannte der frühere Vorstandsvorsitzende der Regulierungsbehörde FCC (Federal Communications Commission), dass damit Designer von Webseiten und Applikationen zu einem sparsameren Umgang mit Bandbreiten ermuntert werden sollten. Ein unbegrenztes Flatrate-Modell schaffe dafür keine Anreize.

US-Kabelanbieter wie Comcast oder Time Warner Cable hatten vor rund fünf Jahren begonnen, Filesharing-Blockaden einzurichten und Volumentarife einzuführen. Parallel sorgten Untersuchungen für Schlagzeilen, wonach der hohe Anteil des Peer-to-Peer-Verkehrs das Internet lahm zu legen drohe. Experten taten derlei Prognosen zwar rasch als gezielte Panikmache ab. Trotzdem hieß es auch 2011 noch in einer von der Deutschen Telekom in Auftrag gegebenen Wirtschaftsstudie der European School of Management and Technology (ESMT), dass die Bandbreiten im Internet nicht ausreichten. Insbesondere Anwendungen wie 3D-Video, die mit 50 MBit/s besonders bandbreitenhungrig seien, könnten die Leitungen verstopfen.

Kritiker von DSLReports wollen auch das neue Fairness-Argument nicht gelten lassen. Demnach erfreuen sich große Breitbandanbieter in den USA bereits Profitmargen in Höhe von 90 Prozent. Angemessen wäre es daher, die Zugangsgebühren etwa für Senioren auf fünf bis 15 US-Dollar pro Monat zu senken und so mehr Leute fürs Breitbandnetz zu gewinnen.

US-Senator Ron Wyden will derweil Internetprovider mit Verbrauchsgrenzen auf die Netzneutralität einschwören und so einen Missbrauch des Instruments verhindern. Zugangsanbieter, die ihren Kunden monatliche Limits bei der Bandbreitennutzung setzen wollen, müssten sich laut einem entsprechenden Gesetzentwurf zunächst von der FCC zertifizieren lassen. Vorzugsbehandlungen einzelner übertragener Daten dürfte es nicht mehr geben. (jk)