Multitasking, Termindruck, Monotonie: Für viele Erwerbstätige nimmt der Stress zu

Bei einer Befragung von 20.000 Beschäftigten haben 58 Prozent angegeben, dass sie mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen müssen. 52 Prozent stehen unter starkem Termin- und Leistungsdruck.

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43 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland sind überzeugt, dass der Stress im Arbeitsalltag in den vergangenen zwei Jahren zugenommen hat. Das geht aus dem "Stressreport Deutschland 2012" der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hervor, der am heutigen Dienstag vorgelegt wurde. Dabei habe sich gezeigt, dass es seit der vorigen Befragung 2005/2006 bei Anforderungen und Ressourcen kaum Veränderungen gegeben habe, beziehungsweise habe sie sich "auf hohem Niveau stabilisiert". Gleichzeitig hätten die subjektiv wahrgenommene Belastung und die Beschwerden weiter zu genommen.

Anforderungen aus Arbeitsinhalt und -organisation, 2012 im Vergleich zu 2006.

(Bild: baua.de)

Der Bericht beruht auf der Erwerbstätigenbefragung 2011/2012 (Fragebogen), bei der rund 20.000 Beschäftigte Fragen beispielsweise zu Arbeitsbedingungen, Beanspruchung und gesundheitlichen Beschwerden beantworteten. Ähnliche Daten enthält die Europäische Erhebung über die Arbeitsbedingungen (EWCS 2010), die ebenfalls in den Bericht einflossen.

Im Vergleich zu der vorigen Befragung haben sich die von den Erwerbstätigen genannten Hauptbelastungen nicht verändert. 58 Prozent haben angegeben, mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen zu müssen. 52 Prozent stehen unter starkem Termin- und Leistungsdruck, 50 Prozent müssen ständig sich wiederholende Arbeitsvorgänge erledigen. 44 Prozent erleben während ihrer Arbeit häufig Störungen. Im Wirtschaftszweig "Information und Kommunikation" gaben 66 Prozent Multitasking als Belastung an, 60 Prozent Termin- und Leistungsdruck, aber nur 31 Prozent Monotonie.

64 Prozent der Beschäftigten arbeiten auch Samstags, 38 Prozent an Sonn- und Feiertagen. Fast die Hälfte der Vollzeitbeschäftigten arbeitet mehr als 40 Stunden pro Woche, rund ein Sechstel sogar mehr als 48 Stunden. So können 40 Prozent der Befragten arbeitsbedingt nur selten oder nie Rücksicht auf familiäre oder private Interessen nehmen.

Die Arbeitsbelastung führe zudem auch immer öfter zu Krankheiten, heißt es weiter. Klagten 2006 noch 43 Prozent über Rückenschmerzen waren es im vergangenen Jahr bereits 47 Prozent. Während 2006 nur 30 Prozent unter stressbedingten Kopfschmerzen litten, waren es 2012 bereits 35 Prozent. Die Anzahl der von nächtlichen Schlafstörungen geplagten Arbeitnehmern stieg von 20 auf 27 Prozent.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wies darauf hin, dass die Arbeitgeber schon heute zur Prävention gesetzlich verpflichtet seien. Der psychische Arbeitsschutz gehöre inzwischen ebenfalls dazu: "Mit allen Sanktionen, mit allen Konsequenzen." Arbeitsschutz gebe es aber "nicht von der Stange".

Auf einer Tagung zu Psychostress im Job in Berlin hat von der Leyen Arbeitgeber und Gewerkschaften aufgerufen, gemeinsam gegen Stress am Arbeitsplatz zu kämpfen. "Es besteht Handlungsbedarf in unseren Betrieben." "Ohne die Sozialpartner geht es aber nicht." Die Zahlen sprächen eine deutliche Sprache. "Wir haben 2011 rund 59 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage wegen psychischer Erkrankungen registriert. Das ist ein Anstieg um mehr als 80 Prozent in den letzten 15 Jahren." Für die Betriebe seien dies Produktionsausfälle von 6  Milliarden Euro. "Es kostet richtig viel Geld." Bei der Frühverrentung seien psychischen Erkrankungen mit 41 Prozent inzwischen "Ursache Nummer eins".

Der Stressreport vermerkt aber auch Positives. So berichteten vier von fünf Erwerbstätigen über ein gutes soziales Klima am Arbeitsplatz. Kollegen unterstützten sie, häufig werde gut zusammen gearbeitet und es herrsche ein Gemeinschaftsgefühl. Viele der Befragten können ihre Arbeit selbst planen und einteilen. Deutlich werde auch, dass psychische Belastung keine Hierarchieebenen kennt, sie betreffe Führungskräfte wie Mitarbeiter. (mit Material der dpa) / (anw)