Containerschiff-Hybrid und Elektrofähre: Die Marine vertraut sich neuen Strömungen an

Neue Strömungen

Norwegen ist nicht nur ein Land des kostenlosen Stroms – es ist auch ein Land der Fähren. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis beides zusammenfand. Elektrifizierte Antriebe gibt es aber auch in den größten Containerschiffen der Welt – hier als Hybridantrieb

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Elektromobilität, Hybridantrieb, autofähre, containerschiff 3 Bilder
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Von
  • Florian Pillau
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München, 30. Januar 2013 – Der Legende nach sollen Lichtschalterverkäufer in Norwegen einen ausgesprochen schlechten Stand haben. Man sagt, die Norweger würden tage- ja wochenlang das Licht brennen lassen – selbst, wenn sie auf Urlaubsreise sind. Schalter bauen also nur Zuzügler ein – wenn sie denn welche bekommen. Gehässige Übertreibungen wie diese haben einen Hintergrund. In diesem Falle ist es die Elektrizität, die für Norweger so selbstverständlich ist wie die Luft zum Atmen. Die 8 Eurocent für die norwegische Kilowattstunde dürften die reinen Kosten für die Staudämme, Turbinen, das Netz und die Rücklagen sein. Die Energie kommt kostenlos vom Himmel: 99,3 Prozent (2001) der norwegischen Stromproduktion ist Solarenergie, die dank der gebirgigen Landschaft praktischerweise in Form von Wasserkraft gewonnen werden kann.

Norwegen, Land der Autofähren

Das außergewöhnlich faltige Relief der Landschaft ist aber nicht nur eine ideale Voraussetzung für die saubere Stromerzeugung, sondern auch der Grund für die Vielzahl tief eingeschnittener Fjorde und eine Menge Inseln an der Küste. Ausgerechnet dort, wo die meisten Menschen leben, muss der Straßenverkehr daher zum Teil über Fähren abgewickelt werden, weil man sonst entlang der Küste riesige Umwege fahren müsste. Hunderte Fähren befördern entlang der norwegischen Küste Autos und Passagiere zu den Inseln und über die Fjorde.

Norwegen ist nicht nur ein Land des kostenlosen Stroms – es ist auch ein Land der Fähren. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis kostenloser Strom und Autofähre zusammenfanden: Die norwegische Werft Fjellstrand setzt diese eigentlich naheliegende Idee in Zusammenarbeit mit Siemens nun um. Die 80 Meter lange Fähre fasst 120 Autos und 360 Passagiere und soll ab 2015 zwischen den Orten Lavik und Oppdal über den Sognefjord fahren. Und da es keine Oberleitung für Schiffe gibt, muss die elektrische Energie in Akkus zwischengespeichert werden. Ganz trivial eigentlich, allerdings bleiben der weltweit erste Elektrofähre zur Aufladung nur je zehn Minuten zwischen den Überfahrten. Da muss dann so viel Strom fließen, dass schlicht das Leitungsnetz zu den anliegenden Gemeinden durchschmoren würde.

Umweltschutz mit Sonnenenergie

Die Lösung dieses Problems sind weitere Batterien jeweils an den Anlegestellen. Sie versorgen während der Stopps die Fähre und laden sich dann über 50 Minuten aus dem lokalen Netz wieder auf. Um bei gleicher oder leicht gesteigerter Transportkapazität überhaupt mit Batteriestrom fahren zu können, musste auch das Schiff grundlegend neu konstruiert werden. Als Katamaran, also mit einer Plattform zwischen zwei schmalen Rümpfen, bietet es einen geringeren Wasserwiderstand. Der Aufbau aus Aluminium statt Stahl senkt zudem das Gewicht, das vor allem beim Beschleunigen und Abbremsen eine Rolle in der Energiebilanz spielt. Insgesamt wiegt das neue Fährschiff nur halb so viel wie eine vergleichbare herkömmliche Fähre. Während die Fähre, die heute auf der Strecke Dienst tut, eine Motorleistung von 1500 kW (ca. 2000 PS) hat, wird das neue Schiff mit 800 kW Batterieleistung auskommen. Um seine Reisegeschwindigkeit von zehn Knoten zu halten, muss es nur 400 kW Leistung aufbringen.