EU-Kinderschutzkoalition soll Notrufknopf im Browser entwickeln

Die von der EU-Kommission gegründete Vereinigung von IT- und Medienkonzernen für ein kinderfreundliches Internet hat ihren Arbeitsbericht vorgelegt.

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Die von der EU-Kommission Ende 2011 gegründete Vereinigung von IT- und Medienkonzernen für ein kinderfreundliches Internet hat ihren Arbeitsbericht mit Abschlusserklärungen vorgelegt. Die 29 an der Selbstregulierungsinitiative beteiligten Unternehmen legten dar, "wie sie gemeinsam neue Maßstäbe für den Kinderschutz im Online-Umfeld setzen wollen", gab die Kommission am gestrigen "Safer Internet Day" bekannt. Sie wollen demnach sämtliche von ihnen produzierten oder vertriebenen Geräte wie Smartphones, Tablets, Computer oder Spielekonsolen im Lauf des Jahres mit Software ausstatten, damit Eltern Inhalte kontrollieren können.

France Telecom habe ein solches Werkzeug für Mobilgeräte bereits entwickelt, lobt die Kommission. Zudem würden von April an sämtliche Handys von LG derart nachgerüstet. Eine Studie belege, dass Filtersoftware breit verfügbar sei. Allerdings gebe es – im Gegensatz zur Blockade von Pornographie – in Bezug auf Gewalt, rassistische oder sonstige schädliche Inhalte nur geringe Fortschritte.

Die Klassifizierung von Content für Apps, Online-Videos und Filme sei weit verbreitet und stütze sich entweder auf unternehmensinterne Bewertungssysteme oder auf die offizieller Stellen. Eine Arbeitsgruppe, an der unter anderem die Deutsche Telekom, Mediaset, Nokia, Opera, Orange, BlackBerry, Telefónica und Vodafone mitwirken, arbeite daran, ihre Systeme anzugleichen. Künftig sollen spezielle "Alterserkennungsdienste" entwickelt werden, und zwar auf Grundlage der geplanten technischen Möglichkeiten EU-weit anerkannter elektronischer Personalausweise mit elektronischer Identitätsfunktion (eID).

Es gebe auch viele Werkzeuge, Missbrauch oder Mobbing im Internet zu melden, meint die Kommission. Einige Firmen wie KPN oder Google arbeiteten bereits direkt mit etablierten Internet-Beschwerdestellen zusammen. In den nächsten Monaten sollen Notrufknöpfe in Web-Browsern gefördert werden. Hiesige Vorschläge dazu, etwa des Bundesverbands Deutscher Kriminalbeamter (BDK), kamen wegen technischer und rechtlicher Bedenken bislang nicht weit.

Die Branche will auch öffentlich darüber informieren, wie Material über sexuellen Kindesmissbrauch herausgefiltert und anstößige Inhalte von vornherein entfernt werden könnte, bevor sie von Nutzern gemeldet werden. Hier wurden bisher unter anderem netzseitige Filter diskutiert, für die auch die umstrittene Deep-Packet-Inspection (DPI) eingesetzt werden soll.

Die "CEO-Koalition" habe eine "empfehlenswerte Praxis für altersgemäße Datenschutzeinstellungen festgelegt", resümiert die Kommission. So könnten Eltern, Lehrer und Kinder künftig online bessere Entscheidungen treffen. Die Firmen hätten zugesagt, Optionen und die Aufklärung darüber "in einer klaren, verständlichen und jugendgerechten Sprache" zu halten.

Die für die Digitale Agenda zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes forderte, Kinderschutz müsse in Unternehmen als Chefsache behandelt werden. Die Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRi) kritisiert, dass das Löschen von Inhalten ohne richterliche Kontrolle tief in die Grundrechte einschnitten. Derartige hoheitliche Aufgaben dürfe die Kommission nicht einfach der Selbstregulierung überlassen. Ähnlich wie bei der Initiative "CleanIT" rügt EDRi, dass öffentliche Gelder in einem hauptsächlich auf PR schielenden Projekt versenkt würden. (anw)