Tauziehen um Kodex für soziale Netzwerke

Das Innenministerium drängt auf einen raschen Abschluss der seit anderthalb Jahren laufenden Verhandlungen über eine Selbstverpflichtung sozialer Netzwerke. Insider halten das Vorhaben allerdings für gescheitert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 21 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich will die seit bald anderthalb Jahren laufenden Gespräche über eine Selbstverpflichtungserklärung für soziale Netzwerke zu einem baldigen Abschluss bringen. "In Anbetracht der bereits vergangenen Zeit drängt das Bundesinnenministerium nunmehr auf zeitnahe Ergebnisse der Verhandlungen", erklärte ein Sprecher gegenüber heise online. Vor allem müssten die Datenschützer eingebunden werden, nur so könne auch ein "verbindlicher Kodex" vereinbart werden. Doch sieht es derzeit eher so aus, als könnte das Vorhaben scheitern.

Friedrich hatte die Gespräche über eine Selbstregulierung im September 2011 angestoßen, um die Privatsphäre der Nutzer von Plattformen wie Facebook besser zu schützen. Der Minister glaubt an eine regulierte Selbstkontrolle der Internetwirtschaft und will Erkenntnisse aus dem laufenden Verfahren auch in die Debatte über die geplante EU-Datenschutzreform einbringen.

Ursprünglich sollte ein Entwurf für den Kodex schon im März 2012 stehen. Die Verhandlungen unter dem Dach der Freiwilligen Selbstkontrolle der Multimedia-Diensteanbieter (FSM) gestalteten sich jedoch zäh. Die FSM hatte 2009 mit ihren Mitgliedern Lokalisten, VZ Netzwerke und wer-kennt-wen.de eine gemeinsame Selbstverpflichtungserklärung zustande gebracht. Nun nehmen neben Facebook auch die US-Plattformen Google+ und LinkedIn sowie StayFriends und Xing an dem Dialog teil. Die deutschen Unternehmen wollen vermeiden, dass durch die Beteiligung der US-Anbieter die hiesigen Datenschutzstandards unterwandert werden.

Beobachter aus der Branche haben die Hoffnung allerdings inzwischen aufgegeben, dass sich die Netzwerkbetreiber selbst auf einen Kodex für Transparenz und mehr Kontrollmöglichkeiten für Nutzer verständigen und dafür auch die Zustimmung der Datenschützer erhalten, die dafür laut Rechtslage zuständig sind. Das Vorhaben sei gescheitert, ist inoffiziell zu vernehmen. Davon möchte die FSM aber nichts wissen. Vertreter der beteiligten sozialer Netzwerke wollten sich gegenüber heise online nicht zum Stand der Dinge äußern.

Das bislang letzte Treffen fand im November im Innenministerium statt. Das Innenressort hat nach eigenen Angaben in diesem Rahmen darauf hingearbeitet, dass die sozialen Netzwerke Kontakt zu den Datenschützern aufnähmen. Die Gespräche mit den Datenschützern seien aber noch nicht weit gediehen, räumte eine FSM-Sprecherin gegenüber heise online ein. Für den März sei eine weitere Verhandlungsrunde im Kreis der Netzwerke bei der Selbstkontrolleinrichtung geplant, von der man sich aber noch nicht den Durchbruch verspreche.

Dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar liegt noch kein Entwurf für einen Kodex vor. Eine erste Kontaktaufnahme zwischen der FSM und den zuständigen Kontrollbehörden, die durch die Landesdatenschutzbeauftragten in Berlin und Nordrhein-Westfalen vertreten würden, habe im Oktober stattgefunden, erläuterte ein Sprecher Schaars gegenüber heise online. Eine Einigung sei derzeit nicht absehbar. "Ein Konflikt könnte darin bestehen, dass die amerikanischen Anbieter kein Interesse daran haben, sich deutschem Recht zu unterwerfen", heißt es im Hause Schaars. Ein Zeitplan für das weitere Vorgehen sei dort nicht bekannt. (vbr)