Die nächste Konsolen-Generation: Was Spieler der PS4 und Xbox 720 erwartet

In der Nacht zum Donnerstag will Sony Details zur kommenden Playstation verraten. Wir fassen vorab den Stand der Spekulationen zusammen und geben einen Ausblick auf die wichtigsten Neuerungen.

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Inhaltsverzeichnis

Sony Computer Entertainment America will in der Nacht zum Donnerstag ab 0:00 Uhr angeblich erste offizielle Informationen zum Nachfolger der Playstation 3 in einem Playstation-Meeting verraten. Im Vorfeld waren aus inoffiziellen Quellen zahlreiche Details bekannt geworden, die bereits ein recht umfassendes Bild der kommenden Konsolengeneration zeichnen. Neben besserer Rechenleistung und detaillierteren Grafiken wollen die kommenden Geräte von Sony (Codename Orbis) und der Xbox-Nachfolger von Microsoft (Codename Durango) mit erweiterten Eingabemethoden, einer engeren Online-Anbindung, Streaming-Diensten, Spiele-Abos und verbesserter Bewegungserkennung punkten. Wir haben vorab den aktuellen Stand aus der brodelnden Gerüchteküche zusammengefasst und nennen die Konsolen-Nachfolger der Einfachheit halber erstmal PS4 und Xbox 720.

Sonys neuer Chef Kazuo Hirai kündigte bereits vor einem Jahr an, sich auf den Ausbau von Sonys Netzwerk-Diensten zu konzentrieren. Der Nachfolger der PS3 soll nicht mehr so sehr durch teuer entwickelte Spezial-Hardware, sondern mit Software-Angeboten punkten.

(Bild: Nico Jurran)

Sony hat eingesehen, dass die ungewöhnliche Cell-Architektur der PS3 ein Fehler war und setzt nun wie Microsoft auf eine PC-ähnliche Architektur von AMD mit einer auf 1,6 GHz getakteten Achtkern-CPU, einer DirectX-11.1-fähigen 800-MHz-GPU sowie 8 GByte RAM. Beim Hauptprozessor soll AMDs neue Jaguar-Architektur für Low-Cost-Systeme zum Einsatz kommen. Jeder Kern soll Zugriff auf einen 512 KByte großen L2-Cache haben. Der Grafikchip soll auf AMDs Graphics Core Next (GCN) setzen, der die Jaguar-CPU über schnelle parallele GPGPU-Berechnungen entlasten kann. Sony will angeblich seine GPU mit 1152 Stream-Prozessoren ausrüsten, Microsoft mit 768 Stream-Prozessoren. Weiteren Tempovorsprung verspricht sich Sony durch den Einsatz eines 512 Bit breiten Speicherbusses, der auf die GDDR5-Chips 176 GByte/s übertragen soll. Microsoft soll hingegen auf GDDR3-Speicher setzen und sich mit einer Bandbreite von 68 GByte/s begnügen.

Letztlich sollen sich PS4 und Xbox 720 in Bezug auf ihre Rechenleistung aber nur unwesentlich voneinander unterscheiden. Sony hofft natürlich, dass ihre selbst programmierten Exklusiv-Titel etwas hübscher aussehen als die von Microsoft. Entwickler lockt Sony mit der Aussicht, näher an der Hardware programmieren zu dürfen als bei der kommenden Xbox. Anderen Publishern erleichtert der grundsätzlich ähnliche interne Aufbau die Portierung neuer Spiele für beide Konsolen-Plattformen und den PC – sie werden auf beiden Konsolen mehr oder minder gleich aussehen. PC-Spieler werden sich freuen, dass neue Spiele ihre High-End-Hardware besser ausnutzen als bislang.

Die Rechenleistung soll ausreichen, um Spiele in Full HD mit 1920 × 1080 Bildpunkten (1080p) flüssig mit 60 fps zu rendern, stereoskopisches 3D-Material mit 30 fps. Dank des deutlich größeren Hauptspeichers sehen Figuren detaillierter aus und zeigen feinere Texturen. Neue Techniken wie die Unreal Engine 4 bringen zudem realistischere Licht- und Shader-Effekte. Allerdings wird der grafische Unterschied zur aktuellen Generation geringer ausfallen als beim vorigen Wechsel von der Xbox/PS2.

Fraglich ist, inwieweit beide Systeme die neue 4K-Auflösung unterstützen. Sonys PS4 könnte diesen Modus anbieten, um als Zuspieler für den neuen 4K-Fernseher der japanischen Hersteller zu dienen. Allerdings bräuchte die PS4 dann einen neuen digitalen Anschluss, da HDMI derzeit 4K-Auflösungen nur mit 24 Bildern pro Sekunde übertragen kann und zu langsam für Videospiele wäre. Vielleicht wirbt Sony aber auch nur mit einer Filmwiedergabe in Ultra HD, H.265-Dekodierung und 4k-Upscaling für Blu-ray-Filme. Sinnvoll sind 4k-Auflösungen jedoch erst ab Bildschirmdiagonalen von 80 Zoll, und bis diese erschwinglich werden, vergehen noch Jahre.

Sowohl die nächste Playstation als auch die kommende Xbox werden ein Blu-ray-Laufwerk mitbringen. Disc-Versionen der Spiele wird man auch online als Download beziehen können. Zwar werden die Blu-ray-Laufwerke mit 5X bis 6X schneller rotieren als in der aktuellen PS3. Um die Ladezeiten jedoch im Zaum zu halten, wird man die Spiele auf einer internen Festplatte installieren. Gerüchten zufolge wollen Microsoft und Sony die Spiele ähnlich wie bei Steam fest an einen Online-Account koppeln. Die Spiele ließen sich fortan auch von den Download-Servern ohne Disc erneut installieren. Ein Wiederverkauf der Discs wäre dann aber genauso wenig möglich wie bei Steam-Spielen.

Weil sich die Architektur der Xbox 720 nicht so grundlegend von der der Xbox 360 unterscheidet, könnte Microsoft wie zuvor Patches für ausgesuchte Xbox-360-Spiele entwickeln, damit die beliebtesten 360-Spiele auch auf der neuen Konsole laufen. Sony hat es da schon schwieriger: Weil sich die Cell-Architektur grundlegend von der neuen AMD-Architektur unterscheidet, wird sie PS3-Spiele nicht starten können. Der zusätzliche Einbau eines Cell-Chips in die PS4 würde für Sony sehr teuer werden. Wahrscheinlicher ist ein Streaming-Angebot. Dank der von Gaikai übernommen Technik könnte Sony PS1/2/3-Spiele auf die PS4 streamen. Ein solcher Stream könnte entweder starten, wenn eine PS3-Original-Disc in die PS4 eingeschoben wird, oder Sony könnte den kompletten PS1/2/3-Katalog als kostenpflichtiges Abo im Stream anbieten. Für einen Spiele-Stream in 720p benötigen Spieler bei Gaikai und Onlive einen Internetanschluss mit 5 MBit/s. Entscheidend wird dabei sein, wie Sony die Übertragungsverzögerungen in den Griff bekommt. Grundsätzlich ist die Gaikai-Technik aber dazu in der Lage, bei guter Internet-Anbindung auch Action-Spiele schnell genug zu übertragen.

Neogaf-Forenmitglied kairo hat anhand von bekannten Details und Fotos des Dev-Kit-Controllers der PS4 diese Photoshop-Kollage erstellt, die eine mögliche Variante des neuen PS4-Gamepads zeigt.

(Bild: kairo, Neogaf-Forum)

Erste Prototypen des neuen PS4-Controllers zeigen ein erweitertes Dual-Shock-Modell mit einem zusätzlichen Touchpad in der Mitte und einer Move-Leuchte an der Stirnseite. Damit könnten PS4-Spiele einfache Bewegungen verfolgen. Fotos von Development-Kits zeigen zwei Sensoren an der Frontseite, die eine stereoskopische Bewegungserkennung im dreidimensionalen Raum vermuten lassen. Das Touchpad soll die Funktionen der Select- und Start-Taste übernehmen und ließe sich ähnlich wie auf der PS Vita zum Zoomen und Scrollen verwenden.

Microsoft will der kommenden Xbox eine verbesserte Kinect-Kamera spendieren, die höher aufgelöste 3D-Bilder generieren kann. Eventuell wird sie mit zwei getrennten Linsen arbeiten, die rechts und links der Konsole platziert werden. Die neue Kinect-Kamera könnte beispielsweise Fingerbewegungen für eine feinere Gestensteuerung erkennen, die eine bessere Navigation in Menüs erlaubt.

Die Playstation 3 hatte mit einem Anfangs-Preis von 600 Euro einen schweren Start. Sony wird die Playstation 4 deshalb wohl günstiger vermarkten und wahrscheinlich ein Modell mit 500-GByte-Festplatte im Bereich von 400 bis 500 Euro anbieten. Der Preis der PS3 könnte auf unter 200 Euro fallen.

Ihre Umsätze wollen die Japaner in der nächsten Generation nicht zuletzt mit neuen Abonnements erhöhen, die regelmäßige Einnahmen generieren. So darf man eine Aufstockung des Playstation-Plus-Angebots erwarten. Möglich wäre beispielsweise ein Zugriff auf den Back-Katalog der PS3-Spiele per Stream für eine monatliche Gebühr. Wie das britische Spielemagazin Edge erfahren haben will, soll die PS4 zudem kontinuierlich die letzten 15 Minuten einer Spielesitzung auf Festplatte speichern und es Spielern erlauben, bemerkenswerte Spielmomente als Videoclip über einen Cloud-Dienst an Mitspieler zu posten. Ein eigener Share-Button auf dem Controller soll dies vereinfachen. Ähnlich wie die PS Vita wird Sony auch die PS4 enger in soziale Netzwerke einbinden.

Microsoft könnte versuchen, die PS4 preislich etwas zu unterbieten und die Xbox 720 im Bereich unterhalb von 400 Euro zu platzieren. Der Xbox-Nachfolger wird sich wahrscheinlich weniger an Hard-Core-Spieler richten als noch die Xbox 360 in ihrer Anfangsphase, sondern als allgemeine Multi-Media-Zentrale für Spiele, Musik und Filme mit enger Online-Anbindung, verbesserter Spracherkennung und Bewegungssteuerung vermarktet. Dafür wäre es essentiell, die Lüftergeräusche der nächsten Xbox auf ein Minimum zu senken. Zudem ist auch hier zu erwarten, dass Microsoft seine kostenpflichtigen Online-Dienste und Abos weiter ausbaut.

In einer internen Road-Map vom August 2010 sollte die Xbox 720 noch im Jahre 2013 erscheinen.

Sony selbst will noch in diesem Jahr drei Exklusivtitel für die PS3 veröffentlichen. "The Last of us" erscheint Mitte Juni, bis zum Jahresende sollen "Until Dawn" und "Beyond: The Two Souls" folgen. Zudem hat erst vor kurzem Take 2 den Starttermin von "Grand Theft Auto V" vom Frühjahr auf den 17. September für die Xbox 360 und PS3 verschoben. Bei diesem vollen Programm für die aktuelle Konsolengeneration wird der Zeitkorridor sehr eng, in dem Xbox 720 und PS4 noch vor Weihnachten starten könnten. Es sei denn, Take 2 zaubert noch Next-Gen-Versionen von GTAV aus dem Hut, die zum Launch der PS4 und Xbox 720 erscheinen. Möglich wäre eventuell ein regional begrenzter Start (Sony in Japan, Microsoft in den USA) im Dezember, eine Veröffentlichung in Europa dann im Frühjahr 2014. Darüber werden nicht zuletzt die Produktionskapazitäten der beiden Hersteller entscheiden.

Sony wird auf seinem "Meeting" am 20. Februar aber wahrscheinlich noch nicht so sehr ins Detail gehen, und weder Preise noch genaue Termine verkünden. Sie werden zunächst das grundlegende Konzept der PS4 vorstellen. Die bisherigen Infos aus der Gerüchteküche zeichnen ein Bild der kommenden Konsolengeneration, die überall ein bisschen besser ist als die alte. Was aus den bisherigen Informationen nicht hervorgeht, ist ein Killer-Feature oder Alleinstellungsmerkmal, mit der sich die kommende von der jetzigen Generation und der aufkommenden Konkurrenz von Apple (iPad, Apple TV) und Google (Android-Konsolen) absetzen kann. (hag)