SPD-Parteivorstand fordert Nachbesserungen bei Gesetz zu Kinderporno-Sperren

"Wir kämpfen auf internationaler Ebene gegen die Zensur des Internets und wollen sie auch nicht in Deutschland", heißt es im Vorfeld des SPD-Bundesparteitags in einen Beschluss der Partei-Spitze.

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Der SPD-Parteivorstand hat am Samstag im Vorfeld des SPD-Bundesparteitags einen Beschluss (PDF-Datei) verabschiedet, der auf erhebliche Nachbesserungen am heftig umkämpften Gesetzesentwurf "zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen" drängt. "Wir kämpfen auf internationaler Ebene gegen die Zensur des Internets und wollen sie auch nicht in Deutschland", heißt es in dem Papier. Daher lehnt die Parteispitze vor allem die von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) initiierten Sperrverträge mit fünf großen Providern ab, da sie zu Web-Blockaden "ohne hinreichenden Grundrechtsschutz führen würden". Erfasst würden damit überdies nicht "die kriminellen Produzenten" kinderpornographischer Inhalte. Hier sei eine "umfassende kriminalpolitische Strategie" erforderlich, "die schon vor dem Internet ansetzt".

Mit dem Antrag einer Gruppe aus dem linken Spektrum der Sozialdemokraten für den Sonderparteitag, mit dem die SPD den Gesetzesentwurf am heutigen Sonntag generell ablehnen soll, wollte sich der Parteivorstand aber nicht anfreunden. Vielmehr schreibt die SPD-Führung: "Wir wollen durch eine gesetzliche Regelung Kinderpornographie bekämpfen, Internetnutzer schützen, rechtsstaatliche Grundsätze sichern und ein transparentes Verfahren ermöglichen." Die im Bundestag beratene Initiative müsse dafür "erheblich verbessert" werden.

In vier Punkten gibt der Beschluss im Großen und Ganzen die Linie wieder, auf die sich Wirtschaftspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion in den vergangenen zwei Wochen mit der Union geeinigt hatten. So soll die Devise "Löschen vor Sperren" verankert und das Bundeskriminalamt (BKA) verpflichtet werden, zunächst die Diensteanbieter zu kontaktieren, damit die inkriminierten Seiten vom Netz genommen werden. Zudem soll "ein unabhängiges Gremium auch unter Einbeziehung der Datenschutzbeauftragten" eingerichtet werden, das die Filterliste kontrolliert. Zudem sei klarzustellen, dass die auf der geplanten Stopp-Seite anfallenden Daten "nicht der Vorratsdatenspeicherung unterliegen und daher nicht zu anderen Zwecken genutzt werden können".

Eine Streichung der Strafverfolgungsklausel wie die Bundestagsfraktion fordert die SPD-Spitze aber nicht. Sie glaubt, dass bereits mit ihrem Ansatz ungerechtfertigte Ermittlungen gegen "durch Spam-Mails fehlgelenkte" Nutzer auszuschließen seien. Dafür pocht der Parteivorstand nicht nur auf ein Spezialgesetz, um die Sperren auf Kinderpornographie zu beschränken, sondern auch auf eine dreijährige Befristung des Gesetzes.

Zugleich verspricht die SPD-Führung, dass "Vertreter aus der Netz-Community stärker eingebunden werden" sollen. Die Sozialdemokraten würden die Bedenken und praktischen Anregungen aus der Internetgemeinde aufnehmen. Franziska Heine, die Initiatorin der erfolgreichen Online-Petition gegen Internetsperren, warf dem BKA gerade "Untätigkeit" beim Löschen von kinderpornographischen Webseiten im Ausland vor. Stattdessen engagiere sich die Wiesbadener Polizeibehörde auch international allein für Sichtblenden gegen Bilder von Kindesmissbrauch.

Zuvor hatte Alvar Freude vom Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur (AK Zensur) bereits beklagt, dass die große Koalition ihr Gesetzesvorhaben "offenbar ungeachtet aller Einwendungen mit Vollgas vorantreibt". Sie ignoriere die in der parlamentarischen Anhörung geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken genauso wie die zwischenzeitlich knapp 120.000 Unterzeichner der Petition gegen dieses Gesetz. Es könne nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, illegale Verträge des Familienministeriums und einiger Provider nachträglich zu legalisieren. Vor allem wenn die Gefahr sich abzeichne, dass das entsprechende Gesetz "selbst wiederum verfassungswidrig wäre". Es sei höchste Zeit, bei diesem Vorstoß die Notbremse zu ziehen.

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(Stefan Krempl) / (jk)