Microsoft übertrifft alle Erwartungen

Während Bill Gates in Davos den Begriff des "creative capitalism" prägt, legt der von ihm mitgegründete Konzern Zahlen eines weiteren Rekordquartals vor.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 225 Kommentare lesen
Lesezeit: 7 Min.

Während Microsoft-Mitgründer Bill Gates in einer Rede beim Weltwirtschaftsforum in Davos seine Vorstellungen von einem gerechteren Kapitalismus darbot und eine Kooperation mit Dell zum Vertrieb philanthropischer roter Produkte verkündete, lief in Redmond der Countdown zur Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal des laufenden Geschäfsjahres. Nachdem dieser nun abgelaufen ist, steht fest, dass der weltgrößte Softwarekonzern erneut ein fulminantes Quartal hinlegen konnte. Mit den 16,37 Milliarden US-Dollar Umsatz im Weihnachtsquartal hat das Unternehmen seine eigenen Prognosen übertroffen, freut sich Finanzchef Chris Liddell.

Bild 1 [200 x 174 Pixel @ 16,4 KB]
Windows Vista ist nun auch in einer philanthropischen Version erhältlich. Vergrößern

Vor dreißig, zwanzig, zehn Jahren war Bill Gates nach eigener Aussage davon überzeugt, dass die "Magie der Software" die Welt verändern könne. Technologische Durchbrüche könnten wichtige Probleme lösen, und das hätten sie für Milliarden von Menschen auch getan, meinte Gates vor dem Auditorium in Davos. Doch diese technologischen Durchbrüche könnten nur dort das Leben der Menschen verbessern, wo sie sich diese auch leisten könnten. "Es gibt Milliarden Menschen, die die großartigen Erfindungen des Computerzeitalters brauchen, aber sie haben keine Möglichkeit, ihre Bedürfnisse auf eine Weise auszudrücken, die für den Markt relevant sind." Das müsse geändert werden, forderte Gates gestern auf dem Weltwirtschaftsforum.

Die Tagesgeschäfte des Konzerns, mit deren Hilfe sich Gates ein Milliardenvermögen anhäufte und von denen er sich zusehends zurückzieht, um sich seinen philanthropischen Anliegen zu widmen, erbrachten einen operativen Gewinn von 6,48 Milliarden US-Dollar. Das sind 87 Prozent mehr als im Vergleichsquartal des Vorjahres. Unterm Strich schreibt Microsoft 4,707 Milliarden US-Dollar in schwarzen Zahlen, vor einem Jahr waren es noch 2,626 Milliarden. Der Gewinn je Aktie beträgt 0,50 US-Dollar, Analysten waren von 0,46 US-Dollar ausgegangen und beim Umsatz von 15,94 Milliarden. Microsoft selbst hatte vor drei Monaten 16,1 Milliarden US-Dollar Umsatz taxiert.

Bild 2 [200 x 144 Pixel @ 15 KB]
Die Sparte Entertainment and Devices steigerte sich im Vorjahresvergleich leicht. Vergrößern

Microsoft hebt in seiner Mitteilung ein robustes Weihnachtsgeschäft, 20 Prozent Wachstum der Client-Sparte seit der allgemeinen Verfügbarkeit von Windows Vista und eine kräftige Nachfrage bei Unternehmensprodukten hervor. Der Umsatz des Geschäftsbereichs Client, der neben Vista alle Windows-Betriebssysteme für Desktop-Rechner umfasst, ist gegenüber dem Vergleichsquartal des Vorjahres von 2,586 Milliarden auf 4,335 Milliarden US-Dollar angewachsen. Der operative Gewinn stieg hier von 1,838 Milliarden auf 3,358 Milliarden US-Dollar an.

Die Microsoft Business Division mit Office-Produkten sowie Firmenlösungen wie Great Plains und Navision setzte 4,811 Milliarden US-Dollar um gegenüber 3,513 Milliarden vor einem Jahr. Der operative Gewinn stieg hier von 2,152 Milliarden auf 3,185 Milliarden US-Dollar an. Der dritte umsatzkräftigste Bereich Entertainment and Devices, der die Spiele-/Xbox-Sparte und die Embedded Devices umfasst, steigerte sich leicht von 2,969 Milliarden auf 3,060 Milliarden US-Dollar. Operativ kam ein Gewinn von 357 Millionen US-Dollar heraus gegenüber einem Verlust von 302 Millionen US-Dollar vor einem Jahr.

Weiterhin ein Zuschussgeschäft ist das Online Services Business, das unter anderem für Microsofts Live-Strategie zuständig ist. Es schreibt bei einer Umsatzsteigerung von 625 Millionen auf 863 Millionen US-Dollar operativ 245 Millionen US-Dollar in roten Zahlen. Im Vergleichsquartal des Vorjahres betrug der Verlust noch 118 Millionen US-Dollar.

Für das laufende Quartal, das mit dem März endet, etwartet Microsoft einen Umsatz im Bereich von 14,3 Milliarden bis 14,6 Milliarden US-Dollar. Der operative Gewinn werde sich im Bereich von 5,6 Milliarden bis 5,7 Milliarden US-Dollar bewegen. Für das gesamte Geschäftsjahr lautet die Umsatzprognose 59,9 Milliaren bis 60,5 Milliarden US-Dollar bei einem geschätzten operativen Gewinn von 24,2 Milliarden bis 24,4 Milliarden US-Dollar. Vor drei Monaten war Microsoft noch von 59,7 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz ausgegangen.

Bild 3 [200 x 144 Pixel @ 16,1 KB]
Gates mit Sänger Bono und Michael Dell bei der Vorstellung von "(Product) Red"-Geräten.

Eine andere Erwartungshaltung zeigte heute Bill Gates in Davos: "Ich hoffe, dass die Unternehmen einen Teil der Zeit ihrer innovativsten Kräfte für die Probleme erübrigen, die die Menschen davon abhalten, an der Weltwirtschaft teilzunehmen." Dieser Beitrag sei effektiver als lediglich Geld zu geben oder freiwilliges Engagement von Mitarbeitern. Damit es nicht nur den gut gestellten Menschen durch den Kapitalismus immer besser geht, müsse das System verfeinert werden. Dies nennt Gates "creative capitalism". Während sein Konzern weiterhin gute Geschäfte macht, wandelt sich sein Gründer von einem Software-Mogul zum Sozialphilosophen, kommentiert die New York Times. Bill Gates selbst sieht sich selbst zunächst einmal lediglich als "ungeduldigen Optimisten".

Für die Analysten mag heute nach den Börsenturbulenzen der vergangenen Tage in ihrer Ungeduld bedeutender sein, dass sich Microsoft anders als zuvor Apple und Intel weniger verhalten über seine Zukunftsaussichten geäußert hat. Der Kurs der Microsoft-Aktie, der gestern mit 33,25 US-Dollar 4,13 Prozent im Plus schloss, zog nachbörslich um gut 4 Prozent an.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Microsoft in US-Dollar
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils im Juli)

Quartal Umsatz Nettogewinn
3/00 5.660 Mio. 2.390 Mio.
4/00 5.800 Mio. 2.410 Mio.
1/01 5.800 Mio. 2.200 Mio.
2/01 6.590 Mio. 2.620 Mio.
3/01 6.460 Mio. 2.450 Mio.
4/01 6.580 Mio. 66 Mio.
1/02 6.130 Mio. 1.280 Mio.
2/02 7.740 Mio. 2.280 Mio.
3/02 7.250 Mio. 2.740 Mio.
4/02 7.250 Mio. 1.530 Mio.
1/03 7.750 Mio. 2.730 Mio.
2/03 8.540 Mio. 2.550 Mio.
3/03 7.840 Mio. 2.790 Mio.
4/03 8.070 Mio. 1.920 Mio.*
1/04 8.220 Mio. 2.610 Mio.*
2/04 10.150 Mio. 1.550 Mio.*
3/04 9.180 Mio. 1.320 Mio.*
4/04 9.290 Mio. 2.690 Mio.
1/05 9.189 Mio. (2.901 Mio.)
2.530 Mio **
2/05 10.818 Mio. 3.463 Mio.
3/05 9.620 Mio. 2.563 Mio.
4/05 10.161 Mio. 3.700 Mio.
1/06 9.741 Mio. 3.141 Mio.
2/06 11.837 Mio. 3.653 Mio.
3/06 10.900 Mio. 2.977 Mio.
4/06 11.804 Mio. 2.828 Mio.
1/07 10.811 Mio. 3.478 Mio.
2/07 12.542 Mio. 2.626 Mio.
3/07 14.398 Mio. 4.926 Mio.
4/07 13.371 Mio. 3.035 Mio.
1/08 13.762 Mio. 4.289 Mio.
2/08 16.367 Mio. 4.707 Mio.
* Gewinne unter Bilanzierung der Umstellung auf das neue Aktienprogramm für Microsoft-Mitarbeiter
** nach nachträglichem Abzug der Sonderkosten durch die Einigung mit Novell
(anw)