Streit um Krebsstudie von Salzburger Mobilfunkgegner

In einer Studie hatte der österreichische Mediziner Gerd Oberfeld über einen Zusammenhang von gehäuften Krebsfällen im Umfeld eines C-Netz-Sendemastes berichtet. Dieser Mast soll nach Angaben von Mobilkom Austria allerdings nicht existiert haben.

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"Handymasten verursachen Krebs" – so machte eine Studie des Salzburger Mediziners Gerd Oberfeld in österreichischen Medien Schlagzeilen. Der als Mobilfunk- und WLAN-Gegner bekannte Mitarbeiter der Salzburger Landessanitätsdirektion hatte im Auftrag der steiermärkischen Landesregierung von 1984 bis 1997 eine Langzeitstudie (PDF-Datei) im Raum Vasoldsberg/Hausmannstätten durchgeführt. Dabei stellte er ein erhöhtes Krebsrisiko bei Anwohnern einer österreichischen C-Netz-Mobilfunkanlage (NMT 450 MHz) fest.

Nach Angaben von Mobilkom Austria hat es an dem Standort aber nie eine C-Netz-Anlage und nur 1994 ein halbes Jahr lang einen provisorischen D-Netz-Sender (900 MHz) gegeben. Der nächste C-Netz-Standort soll mehr als fünf Kilometer entfernt gewesen sein. Die Mobilfunknetzbetreiber haben Oberfeld nun zum Widerruf seiner Studie aufgefordert. Doch der Studienautor bleibt bei seiner Darstellung: "Ich weiß, dass es nicht so ist", stellte er gegenüber heise online die Angaben der Mobilkom in Abrede.

"Fakt ist, dass die Studie von Doktor Oberfeld auf falschen Fakten beruht. Das C-Netz hat es an diesem Standort nie gegeben", kontert Heinz Münzer, Leiter der steiermärkischen Infrastruktur von Mobilkom Austria, am heutigen Montagvormittag auf einer Pressekonferenz des Branchenverbandes Forum Mobilkommunikation (FMK). "Einen Zusammenhang zwischen C-Netz und Krebs herzustellen, obwohl es nie ein C-Netz gab, ist fahrlässig." Laut Mobilkom handelt es sich bei der in der Studie auf Seite 17 abgebildeten Sendeanlage um eine provisorische D-Netz-Station, die 1994 für ein halbes Jahr bestand. Der Mediziner hatte sich Mitte 2007 mit Fragen zum C-Netz an die Mobilkom, die Rechtsnachfolgerin des damaligen C-Netz-Betreibers Post und Telegraphenverwaltung ist, gewandt. Auf Rückfragen, zu welchem Zweck und Gebiet die Informationen benötigt würden, sei keine inhaltliche Antwort mehr gekommen, so die Mobilkom.

Laut Oberfeld widersprechen die Angaben der Mobilkom allen Aussagen, die er bisher gehört habe. Anwohner hätten schon vor 1994 Antennen auf dem fraglichen Gebäude gesehen, die angebliche D-Netz-Anlage sei bereits die dritte Antennenkonstruktion gewesen. Auch ein Mann, der Techniker bei der PTV gewesen sei, habe einem von Oberfelds Mitarbeitern technische Angaben zur C-Netz-Anlage in Hausmannstätten gegeben. Mobilkom Austria führt dagegen eidesstattliche Erklärungen der damals zuständigen Techniker ins Feld, wonach es in Hausmannstätten keinen C-Netz-Sender gegeben habe.

Die Studie dokumentiert im Umkreis von 200 Metern um den angeblich von 1984 bis 1997 betriebenen C-Netz-Mobilfunksender bei 61 Personen elf Krebsfälle, im Umkreis von 120 bis 1200 Metern bei 1248 Personen 56 Krebsfälle. Das Gebiet Vasoldsberg/Hausmannstätten war laut FMK deshalb Gegenstand der Studie, weil Anwohner ein gehäuftes Auftreten von Krebs vermutet und eine Untersuchung verlangt hatten. Im Ort Vasoldsberg wohnt auch der steiermärkische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ). Die gezählten Krebsfälle sollen teilweise bereits vor 1994 aufgetreten sein, als es an dem Standort noch überhaupt keinen Mobilfunksender gegeben hätte.

Oberfeld ließ mit Amateurfunkausrüstung, die in einem ähnlichen Frequenzbereich wie das C-Netz betrieben wurde, die angebliche frühere Exposition der Anwohner nachstellen und messen. In seiner Studie führt er an, dass der nämliche Sender von November 1984 bis Ende 1997 in Hausmannstätten bestanden haben soll. Das würde bedeuten, dass das Dorf gleich zu Beginn des C-Netz-Zeitalters und bis über das Ende des C-Netz-Betriebs (August 1997) hinaus versorgt gewesen wäre. Die Studie schließt außerdem Einflüsse durch Rundfunk- oder Radarsender aus, weil es solche in der Gegend nicht gegeben habe.

Kritik an der bei der Studie angewandten Methodik kam von Margit Kropik von T-Mobile Austria. So sei von nur zwei Hirntumorfällen auf ein 121-faches Hirntumorrisiko geschlossen worden. Dies sei wissenschaftlich nicht haltbar. Eine von zwei Kontrollgruppen sei außerdem ungematcht, also in Alters- und Geschlechtsverteilung nicht mit der Expositionsgruppe übereinstimmend ausgewählt worden. Oberfeld beharrt jedoch darauf, dass die Hochrechnung von zwei Fällen wissenschaftlich korrekt sei.

Der bei der Pressekonferenz als Zuhörer anwesende Bereichsleiter Telekom und Post im Verkehrsministerium (BMVIT), Alfred Stratil, informierte darüber, dass sich der Wissenschaftliche Beirat Funk des Ministeriums bis April mit der Studie beschäftigen werde. Das Gremium habe den Studienautor bereits mehrfach eingeladen, an den Beratungen teilzunehmen, was dieser jedoch immer abgelehnt habe. Oberfeld bestätigt, dass er jede Diskussion mit dem Beirat ablehnt. Der Beirat sei vom damaligen Verkehrsminister Hubert Gorbach (damals FPÖ) mit dem Ziel gegründet worden, die Bedenken der Bevölkerung "auf Basis der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse seriös zu zerstreuen". Davon hält Oberfeld nichts. Überhaupt sei das Verkehrsministerium dafür nicht zuständig, sondern das Gesundheitsministerium, wo er einem Gremium angehöre, das sich mit elektromagnetischen Feldern befasse. (Daniel AJ Sokolov) / (vbr)