Google: Auch Larry Page leidet unter erschöpften Handy-Akkus

Im Vergleich zum vierten Quartal 2012 ist der Umsatz von Motorola Mobile um ein Drittel gefallen. Aber die Mobilfunktochter könnte für Google das werden, was Microsoft mit Surface anstrebt oder was Apple mit dem iPhone lange schon realisierte.

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Einmal im Quartal, kurz nach Bekanntgabe der Quartalszahlen, treffen sich Google-Manager mit Finanzanalysten in einer Telefonkonferenz. Und schon im zweiten Mal in Folge hat sich CEO Larry Page über die Achillesferse der mobilen Endgeräte geäußert: Die Akkus sind schnell leer. Aber auch andere Probleme kennt Page: Wenn die Dinger runterfallen gehen sie leicht kaputt. Zudem könnte die Bedienung einfacher und schneller sein. Neu hinzugekommen ist dieses Quartal eine Bemerkung über die abträglichen Auswirkungen von Feuchtigkeit auf Tablet-Bildschirme.

Was Page in den Raum stellt, aber nicht sagt: Die Google-Tochter Motorola wird das alles besser machen. Im Januar hieß es noch, "Motorola arbeitet an den Möglichkeiten", am Donnerstagabend sagte er: "Nachdem ich gerade Motorolas zukünftige Produkte gesehen habe, bin ich ob des Potenzials wirklich begeistert." Das vor knapp einem Jahr übernommene Motorola Mobile zeige "beeindruckende Geschwindigkeit und Umsetzung". Die "Home"-Sparte von Motorola Mobility wurde soeben verkauft, der bei Google verbleibende Teil wird als "Motorola Mobile" berichtet.

Die Begeisterung der Aktionäre über Motorola Mobile dürfte sich angesichts der Finanzzahlen in Grenzen halten: Im Vergleich zum vierten Quartal 2012 ist der Umsatz von Motorola Mobile um ein Drittel auf gerade noch eine Milliarde Dollar gefallen. Dies hat dem Gesamtkonzern Google den erst zweiten Umsatzrückgang von einem Quartal zum nächsten in der Firmengeschichte beschert. Der bislang einzige Rückgang im Quartalsumsatz passierte vor genau vier Jahren, als Google die Vermarktung von Werbung in Printmedien und Radioprogrammen einstellte.

Doch Motorola ist eine langfristige Google-Investition. Ähnlich wie Microsoft will auch Google die "User Experience" besser kontrollieren – so wie dies Apple mit seiner Kombination aus Hard- und Software schon länger tut. Page hat verschiedene Android-Geräte ausprobiert und musste feststellen, dass die Bedienung "etwas fragmentiert" ist, weil Bedienelemente mitunter an anderer Stelle zu finden sind. Da kommt eine hauseigene Produktion hochwertiger Endgeräte mit dem eigenen Betriebssystem gerade gelegen. Motorola könnte für Google das werden, was Microsoft mit Surface anstrebt.

Oder auch viel mehr. Denn Googles Portfolio ist weitaus vielfältiger: Zu den verheißenen Motorola-Schätzen gesellen sich jetzt schon Nexus-Tablets und Nexus-Handys, und eines Tages vielleicht auch wirklich Nexus Q. Google Glass steht vor der Tür. Die "Explorer Edition" hat zwar mit 1500 US-Dollar "gewiss einen ziemlich hohen Preis", wie Page einräumt, aber das muss ja nicht so bleiben.

Und dann gibt es ja auch noch die Chromebooks. Laut Googles Chief Business Officer Nikesh Arora ist das Samsung Chromebook das meistverkaufte Notebook auf Amazon.com, seit es dort erhältlich ist. Und zu YouTube verriet Arora, dass die tägliche Nutzung auf 50 Millionen Stunden pro Tag gewachsen ist. Das ist um die Hälfte mehr als noch vor einem Jahr.

Die veröffentlichten Finanzzahlen lassen übrigens einen deutlichen Anstieg der "sonstigen" Umsätze aufscheinen, also jener Einnahmen, die nicht aus dem Werbegeschäft stammen. Google erwirtschaftet traditionell um die 96 Prozent seines Umsatzes mit Reklame, was aus strategischer Sicht ziemlich einseitig ist. Doch nun ändert sich das Bild, im ersten Quartal waren 8 Prozent "sonstige Umsätze" (ohne Motorola Mobility).

Allerdings geht ein großer Teil dieses Anstiegs auf eine Änderung der Buchhaltungsmethoden zurück. Dadurch werden Umsätze aus Google Play deutlich höher ausgewiesen, während gleichzeitig auch die zugehörigen Kosten höher beziffert werden. Am Nettoergebnis ändert die neue Buchhaltung nichts, aber sie erschwert den Vergleich mit der historischen Umsatzverteilung. Wie hoch der Buchhaltungseffekt genau ist, bleibt Googles Geheimnis.

Grundsätzlich versucht Google aber durchaus, sich breiter aufzustellen. Endgeräte und die auf Google Play angebotenen Inhalte sind in einer wachsenden Zahl von Ländern verfügbar, zuletzt kam etwa das bevölkerungsreiche Indien hinzu. Auch die Zahl der unterstützen Sprachen nimmt zu. Diese Angebote sollten mit der Zeit sowohl den Werbeanteil am Umsatz reduzieren als auch die geographische Verteilung verbessern. Derzeit erzielt Google noch etwa 45 Prozent seines Gesamtumsatzes in den USA.

Apropos Werbung: Google Glass Apps sollen bis auf Weiteres werbefrei sein. Die Nutzungsbedingungen untersagen Entwicklern die Einblendung von Reklame. Das ist offensichtlich eine Schutzfunktion. Doch ob sie zum Schutz der Nutzer oder zum Schutz Googles eigenen Werbevertriebs gereichen soll, ist noch offen. (anw)