Bundesdatenschützer: Ergebnisse der Bundesregierung "höchst unbefriedigend"

In seinem Tätigkeitsbericht für die vergangenen zwei Jahre führt Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz, einige Baustellen an, auf denen die Bundesregierung weiterarbeiten sollte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 7 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Die Bundesregierung hat in dieser Legislaturperiode nur wenige der angekündigten Verbesserungen im Datenschutz umgesetzt. Das schreibt der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar in seinem jüngsten Tätigkeitsbericht (PDF-Datei) für die Jahre 2011 und 2012. "Hier ist nicht das
geschehen, was erforderlich gewesen wäre", sagte Schaar bei der Vorstellung des Berichts. Agesichts der schnellen Entwicklung neuer Internet-Dienste nehme die objektive Bedeutung des Datenschutzes immer weiter zu. Die politischen Resultate der Bundesregierung seien aber "höchst unbefriedigend".

So sei die Reform des Arbeitnehmerdatenschutzes in diesem Jahr nach Kritik gestoppt worden. Damit blieben Beschäftigte weiterhin ohne angemessenen gesetzlichen Schutz gegen die Bespitzelung am Arbeitsplatz. Auch habe die Bundesregierung die Modernisierung des deutschen Datenschutzrechts nicht weiter betrieben und sich dabei auf die Diskussionen auf EU-Ebene berufen. Zudem seien die Sicherheitsgesetze Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz und das Antiterrordateigesetzes nicht wie vorgesehen abschließend evaluiert worden. Dennoch seien die Sicherheitsbehörden mit zusätzlichen Befugnissen und Dateien ausgestattet worden.

"Nicht nur jüngere Menschen können sich ein Leben ohne Smartphone und Internet nicht mehr vorstellen. In vielen Alltagsgegenständen – vom Auto über den Stromzähler bis zum Fernseher – erleichtern Computerchips unser Leben, zugleich erfassen sie aber auch Daten über das Verhalten der Nutzer", schreibt Schaar. Daher müsse der Umgang mit der Informationstechnik zeitgemäß geregelt werden. Dennoch habe die Bundesregierung das 2010 angekündigte "Rote-Linien-Gesetz" nicht weiter verfolgt, mit dem die Datenerhebung und Profilbildung im Internet begrenzt werden sollte. Stattdessen setze sie offenbar auf die Selbstregulierung der Wirtschaft.

Kritisierenswürdig findet Schaar auch die Stiftung Datenschutz, die dieses Jahr ihre Arbeit aufnehmen soll. Sie sei in ihrer Besetzung zu wirtschaftslastig, ihr Finanzrahmen zu knapp bemessen, so dass sie auf Zuschüsse von Unternehmen angewiesen sei. So sei fraglich, wie sie ihre Aufgaben unabhängig wahrnehmen soll.

Von der Bundesregierung erwartet Schaar, dass sie sich in der EU-Datenschutzreform für ein "hohes und effektvolles Datenschutzniveau engagiert und konstruktiv einbringt". Schließlich fänden dort die wichtigsten Datenschutzdiskussionen statt. Besonders wichtig findet der Datenschutzbeauftragte, dass sich außereuropäische Unternehmen an das europäische Datenschutzrecht halten. Es müsse gewährleistet sein, dass die Datenschutzbehörden unabhängig arbeiten können. Dabei müssten sie Verstöße wirksam ahnden können, insbesondere durch Geldbußen, die sich an der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Unternehmen orientieren. Ein jüngstes Beispiel ist die vom Hamburger Datenschutzbeauftragen verhängte Geldbuße in Höhe von 145.000 Euro gegen Google.

Schaar plädiert dafür, den technischen Datenschutz zu stärken. Der europäische Entwurf für eine Datenschutzrichtlinie enthalte gute Ansätze wie Privacy by Design, datenschutzfreundliche Voreinstellungen und Datenschutzfolgeabschätzungen. Sie müssten aber noch ausgebaut werden. Es müsse enge Grenzen dafür geben, personenbezogene Daten zu Profilen zusammenzuführen und sie zu nutzen. "Angesichts des zunehmenden Datenaustauschs zwischen den europäischen Sicherheitsbehörden muss es auch hier europaweite Mindeststandards für den Datenschutz geben, ohne das deutsche Datenschutzniveau zu gefährden." Der Richtlinienentwurf bedürfe aber erheblicher Nachbesserungen.

In seinem Bericht geht Schaar außerdem kritisch auf Datensammler wie Google und Facebook und ihre Auseinandersetzungen mit Datenschützern ein, auf den Staatstrojaner, die Vorratsdatenspeicherung, die Speicherung von Fluggastdaten in der EU und die Videoüberwachung in der Bundesverwaltung. Eine schriftliche Abfrage habe zahlreiche Mängel beim Einsatz der über 17.500 Videokameras durch 615 öffentliche Stellen des Bundes zur Sicherung der Liegenschaften und zur Zugangskontrolle ergeben. Schaar sieht zudem intelligente Energienetze und -zähler wegen ihrer technischen Möglichkeiten als eine Herausforderung für den Datenschutz hinsichtlich des "gläsernen Verbrauchers".

2011 und 2012 haben sich 9729 Bürger an den Bundesdatenschutzbeauftragten gewandt. Schaars 85 Mitarbeiter haben 106 Kontrollen bei öffentlichen Stellen des Bundes durchgeführt. Dabei wurden insgesamt 15 Beanstandungen ausgesprochen. (anw)