US-Berufungsgericht kassiert umstrittene Softwarepatente

Die für gewerbliche Schutzrechte zuständige Instanz hat mehrere Patente für nichtig erklärt. Grundsätzlich wollte sie Softwarepatente aber nicht einschränken.

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In einer lange erwarteten Entscheidung hat das zuständige Berufungsgericht in Washington im viel beachteten Fall "CLS Bank vs. Alice" am Freitag mehrere Softwarepatente für nichtig erklärt. Mehrheitlich befanden die Richter, dass die niedere Instanz richtig geurteilt habe, als sie die mit den gewerblichen Schutzrechten verknüpften Ansprüche auf das strittige Verfahren und damit verknüpfte computerlesbare Medien für unvereinbar mit dem US-Patentrecht bezeichnet hatte.

Auf viel mehr als die Beantwortung dieser Kernfrage konnte sich der "Court of Appeals for the Federal Circuit" allerdings nicht einigen. Alle Richter betonten noch gemeinsam, dass prinzipiell ein "konsistenter, zusammenhängender und offen zugänglicher Ansatz" nötig wäre, der beim Schutz "computergestützter Erfindungen" Klarheit und Vorhersagbarkeit für Antragsteller und Prüfer entsprechender Patente sowie die damit beschäftigten Rechtsinstanzen bringen sollte. Selbst fand das Berufungsgericht aber keinen gemeinsamen Weg für eine entsprechende Richtschnur.

Genau geteilt war die vollbesetzte Richterbank bereits bei der Beurteilung der Frage, ob die mit den Patenten erhobenen Ansprüche auf das gesamte Computersystem schutzwürdig sind. Sie verständigte sich allein noch darauf, dass unabhängig davon die umkämpften Schutzrechte insgesamt außerhalb der gesetzlich beanspruchbaren Materie liegen.

In der Auseinandersetzung ging es um mehrere US-Patente des Unternehmens Alice, die ein Konzept für eine computergestützte Finanztransaktion abstecken. Dabei soll ein zwischengeschaltetes System garantieren, dass vor Auslösen des Geldgeschäfts alle beteiligen Parteien ihre vertraglichen Verpflichtungen eingehalten haben. Die verklagte CLS Bank geht davon aus, dass die geschützte Funktion auch von einem Mittelsmann mit Papier und Bleistift ausgeführt werden kann. Es handle sich um eine abstrakte, buchstäblich klassische Idee zur Problemlösung. Die infrage gestellten Patente versuchten, eine allgemein bekannte und fundamentale wirtschaftliche Übung durch eine Serie von Ansprüchen auf computergestützte Methoden, Systeme und Medien zu monopolisieren.

Zahlreiche IT-Firmen wie Dell, Google, Facebook, LinkedIn oder Red Hat sowie die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) unterstützen die Argumentation des Finanzinstituts. Viele computerbezogene Patentanmeldungen beschrieben nur eine abstrakte Idee auf sehr allgemeiner Ebene und gäben an, diese auf einem Computer oder über das Internet auszuführen, wandten sich die Gegner von Trivialpatenten an das Gericht. Derlei "nackte" Ansprüche bezögen sich ohne Einschränkung auf den Grundgehalt eines Gedanken oder Verfahrens selbst. Werde ihnen stattgegeben, würden Innovationen blockiert.

In einer der zahlreichen Minderheitenmeinungen schlossen sich fünf der zehn Richter dieser Argumentation im Grunde an. Sie schreiben in dem über 130 Seiten umfassenden Urteil, dass die von Alice ins Feld geführten Patente keinen Mehrwert gegenüber der ihnen zugrundeliegenden abstrakten Idee böten. Generell reicht es ihnen zum Erhalt eines gewerblichen Schutzrechts nicht aus, nur eine "allgemeine Computerfunktionalität" einem sonst abstrakten Konzept überzustülpen. Andernfalls würden dem Votum zufolge fundamentalen Werkzeugen für technische Entdeckungen Steine in den Weg gelegt.

Der Gerichtsvorsitz betont aber zugleich, dass insgesamt angesichts der weit auseinander liegenden Meinungen nichts in der Entscheidung einen Präzedenzfall begründen könne. Über die Auseinandersetzung hinausweisende Leitlinien dürften so nicht aus dem Urteil herausgelesen werden. Für die EFF spielt das Berufungsgericht so den Ball endgültig an den Supreme Court, der nun eine Grundsatzentscheidung zu Softwarepatenten fällen müsse. Das Oberste US-Gericht hatte voriges Jahr im Fall "Mayo vs. Prometheus" betont, dass "Naturgesetze, natürliche Phänomene und abstrakte Ideen" keinen Patentschutz genießen können. Ausführende Bestimmungen zu dieser Ansage stellte es aber nicht auf.

Die erste Instanz hatte im jetzigen Verfahren ursprünglich festgehalten, dass die von Alice beanspruchte Erfindung allein eine Formel bereitstelle, um eine elektronische Zwischenebene für den Austausch von Verpflichtungen zu nutzen. Sie sei so abstrakt, dass sie nicht geschützt werden könne. Im Juli 2012 hatte das Berufungsgericht dieser Ansicht mit der hauptsächlichen Begründung widersprochen, dass bereits die Umsetzung des Verfahrens in ein Computersystem eine schutzwürdige Leistung darstelle. Die CLS Bank bat die Berufungsinstanz aber, den Fall in voller Besetzung noch einmal aufzurollen, worauf sich die Richter im Oktober einließen. (ea)