Fair & Green IT: Kritisieren ist einfach, besser machen schwierig

Susanne Jordan mit ihrer fairen Maus und die Fairphone-Macher haben unbezahlbare Pionierarbeit geleistet, findet Christian Wölbert. Jetzt müssen nur noch die großen Hersteller nachziehen.

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Wenn Medien über globale Gerechtigkeit berichten, dann meist über Katastrophen: Immer mehr Klimaflüchtlinge, T-Shirt-Fabriken in Bangladesch, die einstürzen, Migranten, die im Mittelmeer ertrinken. Bei Computerthemen ist es genauso: Selbstmorde bei Foxconn, Elektroschrott vergiftet Afrika, Coltan-Abbau befeuert Krieg im Kongo, so lauten dann die Überschriften.

Diese Berichte sind notwendig. Aber sie reichen nicht. Schon seit Jahren wissen wir, unter welchen Bedingungen IT-Hersteller die Arbeiter ihrer Zulieferer schuften lassen. Verbessert hat sich die Situation aber nicht, trotz der Skandale. Kaum ein Hersteller legt offen, wo er fertigen lässt, es gibt keine fair gehandelten Rohstoffe, Nachhaltigkeits-Siegel wie TCO Certified und der Blaue Engel werden weitgehend ignoriert.

Sean Ansett von Fairphone diskutiert mit Managern des chinesischen Auftragsfertigers A’Hong, der das faire Smartphone produzieren soll.

(Bild: Fairphone)

Umso wichtiger finde ich, über die wenigen positiven Entwicklungen zu sprechen. Über die Menschen, die die Zustände nicht nur kritisieren, sondern auch zeigen, dass es anders geht. In der IT-Branche sind das für mich vor allem Susanne Jordan, die eine faire Computermaus anbietet, und das Fairphone-Team um Bas van Abel, Miquel Ballester und Sean Ansett.

2000 faire Mäuse verkauft

Wo andere nur meckern oder mit den Schultern zucken, packen sie an. Susanne Jordan hat alleine eine Maus entwickelt, die in Deutschland gefertigt wird, aus Komponenten, die zum größten Teil aus Deutschland kommen. Die studierte Geografin wurde von manchen Wunschlieferanten anfangs ignoriert. Einige Partner, die sie fand, musste sie bald wieder ersetzen, wegen Unzuverlässigkeit, Qualitätsproblemen oder vagen Aussagen über die Herkunft der Komponenten.

Drei Jahre brauchte sie von ihrer Idee bis zum fertigen Produkt. Seit dem vergangenen Herbst hat sie gut 2000 Mäuse verkauft, bei 4000 pro Jahr wäre sie richtig zufrieden, bei rund 15.000 Stück insgesamt rechnet sich ihre Investition. Elektronik, Made in Germany, geht nicht? Geht doch!

Das ist Jordan nicht genug. Als nächstes will sie die Arbeitsbedingungen bei ihren verbliebenen asiatischen Zulieferern begutachten und verbessern. Für Herbst plant sie einen Besuch in der chinesischen Fabrik, aus der die USB-Kabel für ihre Maus kommen. Nebenbei arbeitet sie weiterhin in einem Café und als Erzieherin.

Die Lieferkette von Susanne Jordans fairer Maus zeigt, wie viel Aufwand in dem vermeintlich simplen Gerät steckt.

(Bild: Nager-IT)

Fairphone braucht 5000 Vorbesteller

Van Abel, Ballester und Ansett arbeiten ebenfalls schon seit rund drei Jahren an ihrem Produkt. Auch sie wurden von potenziellen Partnern ignoriert und belächelt. Doch nun haben sie einen Auftragsfertiger für ihr Smartphone gefunden, der ihren Ansprüchen genügt. Sobald sie 5000 Vorbestellungen haben, kann die Produktion beginnen.

Das Fairphone wird, wenn es im Herbst tatsächlich auf den Markt kommt, das erste Smartphone mit konfliktfreiem Zinn und Tantal aus dem Kongo. Ausführlich erklären die Macher auf ihrer Webseite, warum sie sich für Rohstoffe aus dem Kongo entschieden haben und warum das Fairphone in China produziert wird. Transparenz bei Rohstoffen und Auftragsfertigern geht nicht? Geht doch!

Susanne Jordan und das Fairphone-Team mussten für ihre Ziele hart kämpfen und tun dies auch weiterhin. Das Tolle ist: Was sie mit ihrer Zähigkeit und Entschlossenheit erreicht haben, können große Hersteller wie Apple, Samsung und HP mit ihrer unendlich größeren Marktmacht mit links nachmachen. Wir müssen sie nur daran erinnern.

(cwo)