E-Mobilität: Industrie setzt auf Universal-Ladestecker

Die deutsche Automobilwirtschaft sieht im Combined Charging System (CCS) eine gute Lösung, um E-Fahrzeuge mit Gleich- und Wechselstrom laden zu können. Der Weg zum universellen Standard sei aber noch recht weit.

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Eine Dose für das Combined Charging System...

(Bild: Stefan Krempl / heise online)

...und die passenden Stecker

(Bild: Stefan Krempl / heise online)

Die deutsche Automobilwirtschaft sieht im Combined Charging System (CCS) eine gute Lösung, um E-Fahrzeuge mit Gleich- und Wechselstrom laden zu können. Die Kombination auf Basis des Steckers "Typ 2" habe mittlerweile auch in der EU "signifikante Erfolge" aufzuweisen, betonte Audi-Vorstandsmitglied Wolfgang Dürheimer auf dem E-Mobiltätskongress der Bundesregierung in Berlin. Nötig sei aber ein "universeller Standard für alle Szenarien der Elektromobilität". Dieser müsse flexible Nutzungs- und Abrechnungskonzepte unterstützen und die gesamte Wertschöpfungskette abdecken. Auf diesem Weg hätten alle Beteiligten "noch ein gutes Stück" vor sich.

"Heute gleicht das Laden eines Elektroautos oft noch einem Abenteuer", räumte der technische Entwicklungsleiter der Ingolstädter ein. Die Pionierfahrer plagten Fragen nach der nächsten Tankstelle, der dort verfügbaren Strom- und Steckerart, der damit verknüpften Ladezeit, Abrechnungsformen und Kosten. E-Mobilität könne daher nur erfolgreich sein, wenn sie weltweit durch alle beteiligten Industrien stärker harmonisiert und standardisiert werde. Normen öffneten dabei den Markt, sicherten Interoperabilität sowie Investitionen und sorgten für eine effiziente Ressourcennutzung.

Um mehr "Stromer" auf die Straße zu bringen, sei zunächst ein umfassender technischer Systemansatz nötig, ergänzte Roland Bent, Geschäftsführer Marketing und Entwicklung bei der Blomberger Firma Phoenix Contact. In diesem sei die Automobilindustrie nur eine mitspielende Gruppe neben Energieversorgern, Regulierern, Regierungen sowie der IT- und Elektroindustrie. Diese Breite der Akteure stelle eine besondere Herausforderung für die Normung statt. Er begrüßte es daher, dass die Nationale Plattform Elektromobilität schon Ende 2010 eine einschlägige "deutsche Normungs-Roadmap" als gemeinsame Referenz herausgebracht habe, die kontinuierlich fortentwickelt werde und gerade in Version 2.0a erschienen sei.

Eine Ladestation für CCS

(Bild: Stefan Krempl / heise online)

Der Schwerpunkt der Standardisierungsarbeiten liegt laut Bent noch bei der Batteriesicherheit und der Ladeinfrastruktur. Bei letzterer feierte er die im eigenen Haus mitentwickelte CCS-Norm nach IEC 62196 ebenfalls als Durchbruch, da sie mit ihrer zusätzlichen Schnittstelle für Gleichstrom das "Aufladen in der Kaffeepause" erlaube. Auch das dahinterstehende Kommunikationsprotokoll sei auf Basis der Norm ISO/IEC 15118 bereits vereinheitlicht. "In nahezu identischer Form" hätten diesen Ansatz "die US-Kollegen" übernommen. In Europa müsse dagegen noch Frankreich von dem Standard überzeugt werden, da dieses allein noch auf den "Typ 3"-Stecker mit einer gesonderten Verschlusslösung ("Shutter") setze. Dann könne die Industrie die Norm "mit einer Stimme" gegenüber der EU-Kommission vertreten, die aber auch bereits auf Typ 2 und CCS baue.

Italien sei mittlerweile Teil des europäischen "Green eMotion"-Projekts für einheitliche Stecker, sodass alle dort verfügbaren 1500 Ladestationen mit der "Combo-Variante" ausgerüstet seien, führte Federico Caleno vom Stromversorger Enel aus. Die italienischen Verteilnetzbetreiber arbeiteten an einer gemeinsam gepflegten Infrastruktur, die aus Schnellladestationen mit 43 kW an Autobahnen und 22-kW-Säulen in Städten bestehen solle. Ferner werde das langsame Laden für private Haushalte mit 3,3 kW unterstützt. Alle "Tankstellen" seien dabei einheitlich bis hin zum integrierten intelligenten Stromzähler und mit einem RFID-Chip nutzbar.

Rada Rodriguez, Leiterin der deutschen Tochter des französischen Ausrüstungskonzerns Schneider Electric, plädierte ebenfalls für universelle Schnittstellen, etwa zwischen Verbrauchern und dem Versorgernetzwerk. Generell müsse E-Mobilität dem Kunden einen erkennbaren Nutzen bringen, einen spürbareren Beitrag zur Umweltentlastung leisten und einfach anwendbar sein. Gegen kabellose Ladesysteme, an denen hierzulande eine Handvoll Hersteller arbeiten und die Großbritannien momentan testet, erhob sie Einwände: "Wir reden nicht über Schwachstrom", sodass ein drahtloses Anzapfen Fragen der Haftung und der Sicherheit aufwerfe. Sie forderte, dass das Ladesystem "in der Hand der Elektroindustrie bleiben muss". (jk)