Neugier vs Regelungswut – Reaktionen auf Google Glass diesseits und jenseits des Atlantik

c't-Nordamerikakorrespondent Daniel AJ Sokolov ist mit der "Explorer Edition" von Googles Datenbrille Glass ist in San Francisco und Hannover unterwegs gewesen – hier einige der Reaktionen auf die Datenbrille.

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c't-Korrespondent Daniel AJ Sokolov war unter den ersten 2000, die eine "Glass Explorer Edition" bekamen.

Zunächst konnte ich Google Glass einige Tage in San Francisco und Umgebung tragen. Dann flog ich für den c't-Test der Datenbrille nach Deutschland. Die Reaktionen der Menschen, die ich auf beiden Seiten des Großen Teichs traf, waren höchst unterschiedlich. In Kalifornien waren die Rückmeldungen ausschließlich positiv, während in Niedersachsen sowie in deutschen Online-Foren die Angst regiert.

In San Francisco war ich keineswegs der einzige Glass-Träger. Trotzdem wurde ich laufend auf mein Gesichtsmöbel angesprochen. Einerseits waren da Teilnehmer der Google I/O sowie einer Veranstaltung für zukünftige Startup-Gründer, die sich für Glass interessierten, nach meiner Erfahrung fragten und es einmal kurz aufsetzen wollten.

Andererseits waren es wildfremde Menschen, darunter etwa ein Taxi-Chauffeur, ein Herr der ebenfalls sein sein Frühstück bei Subway einnahm, eine Dame im besten Alter beim Obsthändler, andere Hotelgäste, und so fort. Alle erkundigten sich freundlich was ich denn da im Gesicht trüge, was es tue, und sofort – und alle waren begeistert. "Wo kann ich es kaufen? Was kostet das?" waren die häufigsten Fragen.

Der Subway-Gast hatte schon von Glass gehört, aber vorher noch keines gesehen. Er prophezeite große Veränderungen durch Glass, positive Veränderungen versteht sich. Die Obstkäuferin war auch angetan und warnte mich freundlich vor finsteren Zeitgenossen, die mich meines Glass berauben könnten. Auffallend freundlich und interessiert zeigten sich, unabhängig von einander, eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter eines privaten Security-Dienstes. Auch sie waren offen, freundlich, neugierig und beeindruckt. Von Amtswaltung keine Spur, eine Bedrohung für Sicherheit und Datenschutz kam ihnen gar nicht in den Sinn.

Anders die Eindrücke von meinem Besuch in Hannover: Hier drängt sich die Problemorientierung in den Vordergrund. Manche Menschen, wie etwa eine Kassiererin in einem Drogeriemarkt, reagieren vor allem verwirrt. Einige Mitarbeiter des Verlages, die von meiner Anwesenheit und Glass wussten, reagierten mit Kopfschütteln oder wollten nicht gefilmt werden – fast so, als würde ich alles und jeden aufzeichnend durch die Gegend laufen. Dabei ist derjenige, der aufgezeichnet wird, in erster Linie ich selbst in Form meiner Bewegungen und meiner Interaktionen mit Google.

Auch die Diskussionen in den Redaktionsräumlichkeiten der c't waren kontrovers, auffallend häufig ging es dabei um Datenschutz, Etiquette und Regeln. Die Information, dass ein Casino in Las Vegas, Nevada, Glass verboten hat, schlug Wellen. In Amerika wird das lapidar zur Kenntnis genommen: "In Nevada sind in Casinos alle Aufnahmegeräte illegal."

Viele Deutsche, so habe ich den Eindruck, suchen reflexartig nach Verboten, Gesetzen und Verordnungen, stellen Fragen nach Rechten und Pflichten und lassen wissen, dass es so etwas wie Glass "früher" nicht gegeben hätte. Viele Amerikaner fragen hingegen nach den neuen Möglichkeiten und wie sie daran teilhaben können. Natürlich gilt das nicht für jeden Deutschen respektive Amerikaner. Aber ein Klischee scheint bestätigt.

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Doch dann haben wir an unserem Glass-Test unbeteiligte Kolleginnen und Kollegen aus dem Heise Zeitschriften Verlag eingeladen, die "Glass Explorer Edition" kurz auszuprobieren. Unser Termin war binnen Minuten mehrfach überbucht. Viele Kollegen hatten ihr Smartphone mitgebracht, um sich mit Glass am Kopf fotografieren zu lassen. Und jeder der Teilnehmer ließ sich beim ersten Ausprobieren von Glass filmen, von einer professionellen Videokamera im heißen Scheinwerferlicht unseres Videostudios.

  • mehr zur Technik und der Datenschutzproblematik von Google Glass bringt c't in Ausgabe 13/13
    (ab Montag, 3. Juni am Kiosk erhältlich).

(vza)