WWDC: Nagelprobe für den Apple-Chef

Tim Cook steht vor der schwierigen Aufgabe, am Montag die Entwicklerkonferenz zu eröffnen. Der Druck der Wettbewerber ist immens.

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Für Apple-Chef Tim Cook wird es der wohl wichtigste Auftritt, seit er vor fast zwei Jahren die Führung vom sterbenden Gründer Steve Jobs übernahm. Wenn Cook am Montag gegen 19 Uhr mitteleuropäischer Zeit zur Eröffnung der Entwicklerkonferenz WWDC auf die Bühne tritt, muss er viele überzeugen. Die Anleger, die Apple inzwischen weniger zutrauen und den Aktienkurs um rund 40 Prozent fallen ließen. Die Verbraucher, die immer häufiger zu Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android greifen. Und die App-Entwickler, deren innovative Anwendungen den Reiz der iOS-Plattform ausmachen.

Was kann Tim Cook diesem Erwartungsdruck entgegensetzen? Viele Beobachter sind sich einig, dass es auf der WWDC vor allem um Software gehen wird – Apple kommunizierte selbst ebenfalls nichts anderes. Vor allem dürfte die nächste Version des Betriebssystems für iPhone und iPad im Mittelpunkt stehen, iOS 7. Hier soll es zahlreiche Veränderungen geben, pfeifen in Kalifornien die Spatzen vom Dach.

Dabei soll es zum einen um die Optik und die Bedienoberfläche gehen – schließlich bekam im vergangenen Jahr Chefdesigner Jony Ive auch die Verantwortung für das Aussehen der Software übertragen. Er gilt als Gegner virtueller Holzregale oder Ledereinbände, die bisher die Apple-Software zieren. Daher rechnen Experten mit einem minimalistischeren Look der Oberfläche als in bisherigen iOS-Versionen.

Apple-Chef Tim Cook bei einer Keynote.

(Bild: dpa, Andrew Gombert/Archiv)

Zum anderen erwarten Entwickler und Nutzer von Apple, dass iOS im Wettstreit mit Android mit neuen Funktionen aufgerüstet wird. Eine davon könnte nach Informationen von 9to5Mac AirDrop heißen und für einen einfachen Austausch von Dateien zwischen Apple-Geräten verschiedener Nutzer über WLAN sorgen. Außerdem beschweren sich Nutzer immer wieder über Probleme beim hauseigenen Messaging-Dienst iMessage und auch die Apple-Karten sind nach Cooks Eingeständnis trotz aller Verbesserungen immer noch nicht so gut, wie sie sein müssen.

In den vergangenen Wochen arbeitete Apple zudem mit Hochdruck daran, Lizenzen der Musik-Konzerne für ein neues Musikradio zusammenzukriegen. Branchenführer Universal Music und Warner Music sollen laut Medienberichten bereits mit an Bord sein, aber Sony sperre sich noch. Damit ist auch unklar, ob Apple sein "iRadio" schon bei der WWDC starten kann.

Früher war die jährliche Konferenz auch die Gelegenheit, zu der Apple neue iPhone-Generationen vorstellte, doch zuletzt passierte das erst später im Jahr. Cook selbst hatte bei Vorlage der jüngsten Quartalszahlen eine Produktoffensive erst für Herbst angekündigt. Schon eher für möglich gehalten werden neue MacBook-Air- oder MacBook-Pro-Retina-Modelle, nachdem Berichte über eine Knappheit der ultradünnen Notebooks in den Läden die Runde machten. Außerdem hat Apple schon seit Jahren seine Mac-Pro-Computer für Profi-Nutzer nur kosmetisch aufgefrischt. Beobachter erhoffen sich umgestaltete Geräte. Definitiv gezeigt wird auch eine neue Version des Mac-Betriebssystems. OS X 10.9 soll gerüchteweise unter anderem mehr Profifunktionen enthalten, viel mehr ist nicht bekannt.

Wird das alles aufregend genug sein? Die wirklich Innovativen Neuheiten, die alle von Apple erwarten – etwa eine Computer-Uhr für das Handgelenk oder ein Fernseher – wird Cook aber kaum aus dem Hut zaubern können. Dabei wird er sich an der Google-Entwicklerkonferenz I/O messen lassen müssen, bei der es vor wenigen Wochen am selben Ort sprechende Computer, verbesserte Android-Dienste, die (bereits bekannte) Daten-Brille Glass und technische Visionen für eine vernetzte Welt zu sehen gab – allerdings auch keine großen neuen Hardware-Produkte.

Mac & i berichtet wie immer live von der Tim-Cook-Keynote, die am Montag gegen 19 Uhr mitteleuropäischer Zeit beginnt. (Andrej Sokolow und Christoph Dernbach / dpa) / (bsc)