Euro Hawk: Wann wusste wer nichts?

Verteidigungsminister Thomas de Maizère wusste laut einer Klarstellung seines Ressorts zwar im März 2012 etwas von den Problemen rund um die Drohne, war aber nicht förmlich unterrichtet.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Selbstverteidigungsstrategie des Verteidigungsministers Thomas de Maizière in Sachen Euro Hawk gibt Rätsel auf. Laut seinen Aussagen vor dem Verteidigungsausschuss, im Bundestag und vor der Bundespressekonferenz hatte de Maizière erst Anfang Mai 2013 vom ganzen Ausmaß des Zulassungsproblems der Aufklärungsdrohne erfahren, nachdem er im März 2012 nur mündlich unterrichtet worden war. Dies wertete die Opposition unter Verweis auf einen Artikel des Donaukuriers als "Lüge", weshalb das Verteidigungsministerium eine Klarstellung veröffentlichte. Danach wusste de Maizière schon etwas von den Problemen, war aber nicht förmlich unterrichtet.

Ob mit der Erklärung des Verteidigungsministeriums der von der SPD vorgebrachte Vorwurf der Lüge ausgeräumt ist, bleibt abzuwarten. Zwischenzeitlich wurde durch einen Bericht der Süddeutschen Zeitung bekannt, dass de Maizière am 10. Dezember die Firma Cassidian am Euro-Hawk-Standort Mancing besuchte und dort mit der Chefetage anstehende Rüstungsaufträge besprach. Dass dabei der Euro Hawk und seine Zulassungsprobleme kein Thema gewesen sein soll, wird angezweifelt: Die EADS-Tochter Cassidian ist Zulieferin des SIGINT-Moduls ISIS, das vom Euro Hawk in die Luft gehievt werden sollte. Die EuroHawk GmbH, die derzeit den Flieger betreibt, ist wiederum eine Tochtergesellschaft von EADS und dem Drohnenhersteller Northrop Grumman.

Im Focus hat sich unterdessen Harald Kujat, der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr zu Worte gemeldet und betont, dass Deutschland schnellstens Ersatz für den Euro Hawk braucht, damit das ISIS-System eingesetzt werden kann. In seiner aktiven Dienstzeit als Luftwaffengeneral unter Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) war Kujat Mitglied des Planungsstabes der Bundwehr, der sich erstmals mit Drohnenprojekten in der Nachfolge von Systemen wie LAPAS befasste.

Nicht nur der Euro Hawk, auch das vom Verteidigungsminister als bestes System der Welt bezeichnete ISIS ist der Opposition ein Dorn im Auge. Unter Verweis auf den Sprechzettel des Ministers mit seinen Erläuterungen, er habe sich im Rahmen des G10-Treffens im März 2012 mit der Drohne beschäftigt, meldet der Grüne Christian Ströbele Diskussionsbedarf über die Fähigkeiten der SIGINT-Plattform an. Seiner Meinung nach muss die Drohnen-Elektronik ISIS zum Abhören des Handy-Verkehrs gestoppt werden: "Da das System auch Tausende Handygespräche und SMS auffangen und zur Auswertung an eine Bodenstation weiterleiten soll, wird mit diesem System in das grundgesetzlich geschützte Fernmeldegeheimnis und die (Tele)kommunikationsfreiheit eingegriffen. Das gilt schon für den ersten Flug, bei dem diese Systemkomponente getestet würde", meint Ströbele. (anw)