BKA-Chef wirbt trotz PRISM weiter für die Vorratsdatenspeicherung

Auch der Skandal um die massive Datensammelei der NSA hat den Präsidenten des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, nicht von seinem Kurs abgebracht. Der EuGH befasst sich im Juli mit den einschlägigen Brüsseler Vorgaben.

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Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), bleibt bei der verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren auch nach dem Skandal um die massive Datensammelei der US-Sicherheitsbehörden mit dem Überwachungsprogramm PRISM auf seinem Kurs. Die umstrittene Vorratsdatenspeicherung sei sehr nützlich für die Ermittler, erklärte der Sozialdemokrat laut österreichischen Medienberichten im Lauf der Woche in Wien. Es gehe dabei nicht darum, normale Nutzer zu beschatten, wandte er sich gegen Kritik an dem Instrument. Genauso wenig lege es die Polizei damit etwa darauf an, "normale Drogenkonsumenten" zu jagen.

Im Zentrum stünden vielmehr Schwerverbrecher, führte Ziercke aus. Auch diese "bösen Buben" machten alle Fehler, sodass das anlasslose Aufbewahren von Verbindungs- und Standortdaten sinnvoll sei. Vor einem wahllosen Abschöpfen personenbezogener Informationen durch Sicherheitsbehörden warnte der BKA-Chef aber. Diese stünden schon jetzt vor dem Problem, die Daten reduzieren zu müssen.

Im Rahmen der PRISM-Enthüllungen war unter anderem herausgekommen, dass der technische US-Geheimdienst NSA (National Security Agency) zumindest vom Telekommunikationskonzern Verizon alle von diesem erhobene Verbindungs- und Standortinformationen über sämtliche Kunden einschließlich der von US-Bürgern verlangte hatte. Die Behörde führt so in Eigenregie eine Vorratsdatenspeicherung durch, während die Provider offiziell nicht dazu verpflichtet sind.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat derweil bekanntgegeben, am 9. Juli über die EU-Richtlinie zur mindestens sechsmonatigen Protokollierung von Nutzerspuren verhandeln zu wollen. Der irische High Court sowie der österreichische Verfassungsgerichtshof haben den Luxemburger Richtern insbesondere die Frage vorgelegt, ob die Brüsseler Vorgaben mit den verbrieften Grundrechten der Gemeinschaft vereinbar sind. Beide Fälle sollen in der mündlichen Anhörung gemeinsam behandelt werden.

Der EuGH möchte dabei dem ORF zufolge unter anderem klären, ob die Vorratsdatenspeicherung tatsächlich beim Aufklären oder Verhindern schwerer Straftaten hilft. Die EU-Kommission konnte in ihrem Evaluierungsbericht zur Richtlinie vor zwei Jahren noch keine belastbaren Zahlen präsentieren. Die Richter interessieren sich sonst etwa dafür, welche Auswirkungen die Tatsache hat, dass trotz der umfassenden Datenaufbewahrung zahlreiche Möglichkeiten zur anonymen Nutzung der elektronischen Kommunikation bestehen. Mit einem Urteil ist dann in etwa binnen eines Jahres zu rechnen. (keh)