BKA-Gesetz: Opposition beklagt "schwarzen Tag für die Grundrechte"

Vertreter von FDP, Linken und Grünen halten die endgültige Verabschiedung heimlicher Online-Durchsuchungen und anderer präventiver Befugnisse für das Bundeskriminalamt für verfassungswidrig, Schäuble begrüßte sie "außerordentlich".

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Neben Berufsverbänden von Ärzten, Anwälten und Journalisten halten auch Oppositionspolitiker die am Freitag erfolgte endgültige Verabschiedung der jahrelang umkämpften Novelle des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (BKA) für verfassungswidrig. Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach von einem "schwarzen Tag für die Grundrechte". Die stellvertretende Fraktionschefin der Liberalen im Bundestag warf der großen Koalition vor, "große verfassungsrechtliche Probleme" zu schaffen. Die anhaltende Kritik am BKA-Gesetz sei "völlig berechtigt, weil die Kumulation an heimlichen Eingriffsbefugnissen die Grundrechte der Bundesbürger in bislang ungekanntem Ausmaß gefährdet".

Die Vizechefin der Linken im Parlament, Petra Pau, monierte, das Gesetz wirke "wider den Rechtsstaat". Es verändere "die Bundesrepublik gravierend zum Schlechteren". Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth verurteilte den Vorstoß mit seinen Befugnissen etwa zu heimlichen Online-Durchsuchungen, großem Späh- und Lauschangriff oder Rasterfahndungen ebenfalls scharf. "Die große Koalition der Verfassungsfeinde aus CDU, CSU und SPD untergraben, unterhöhlen unseren Rechtsstaat mit diesem BKA-Gesetz". Zugleich kündigte sie an, die Grünen würden gegen das Gesetz vor das Bundesverfassungsgericht ziehen und alle Mitstreiter dort unterstützen.

Zuvor hatte bereits der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum Verfassungsbeschwerde angekündigt. Der Altliberale setzt dabei auf seine in vielfachen Verfahren in Karlsruhe bewährten Kampfgenossen. Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, schloss zudem eine Organklage ihrer gesamten Fraktion nicht aus. "Verfassungsbruch lässt sich auch durch Wiederholungstaten nicht rechtfertigen", erklärte sie unter Hinweis auf die Vorratsdatenspeicherung. Den Zugriff auf die verdachtsunabhängig vorzuhaltenden Nutzerspuren hat das Verfassungsgericht bereits mehrfach eingeschränkt.

Die Telepolis-Autorin Bettina Winsemann ("Twister") hat ihren Anwalt von der Humanistischen Union noch am Tag der endgültigen Absegnung der Kompromisslinie aus dem Vermittlungsverfahren zwischen Bund und Ländern mit einer Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz beauftragt. Die Bürgerrechtlerin hatte – wie Baum – bereits erfolgreich in Karlsruhe gegen die Bestimmung zu Online-Razzien im Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen geklagt. Sie bedauerte zugleich, "dass erneut das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe als Korrektiv für zu weit gehende Gesetze einschreiten muss." Die knappe Mehrheit im Bundesrat habe gezeigt, wie umstritten die Aufrüstung des BKA weiterhin sei. Leider habe "der gesamte Protest der letzten Wochen nicht zu einem Umdenken geführt". Es wäre wünschenswert, dass "die Regierung ihr Sicherheitsgesetze-Stakkato einmal unterbricht und auf Kritik eingeht".

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble begrüßte die Entscheidungen von Bundesrat und Bundestag dagegen "außerordentlich". Damit sei es gelungen, ein "wichtiges sicherheitspolitisches Gesetzgebungsvorhaben" der Regierungskoalition in dieser Wahlperiode erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Mit dem Gesetz erhalte die Wiesbadener Polizeibehörde – zusätzlich zur bereits bestehenden Aufgabe der Strafverfolgung – endlich die für eine erfolgreiche Bekämpfung des internationalen Terrorismus so wichtige Aufgabe der Prävention einschließlich der hierfür erforderlichen Befugnisse.

Den Protesten von Berufsgeheimnisträgern widersprach der CDU-Politiker und verwies darauf, dass die Regelungen zum Zeugnisverweigerungsrecht im BKA-Gesetz denen in der Strafprozessordnung entsprächen. Wenn Ärzte oder Journalisten betroffen wären, sei die Wahrung ihrer besonderen Interessen durch das Gesetz angesichts der erforderlichen "Verhältnismäßigkeitsprüfung" also hinreichend gesichert. Sebastian Edathy, Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestags, wies insbesondere die Schelte von Medienverbänden zurück: "Es kann definitiv keinen Informantenschutz geben, der höher gewertet wird als die Sicherheit des Landes", betonte der SPD-Politiker im Sender n-tv. "Ich stelle eine Hysterie in der öffentlichen Diskussion fest. Die speist sich unter anderem daraus, dass einige den Gesetzestext nicht richtig gelesen haben." (Stefan Krempl) / (vbr)