Experte warnt vor Risiken in österreichischem Sicherheitspolizeigesetz

Bei einer Veranstaltung der Wiener Wirtschaftskammer wurde deutlich gemacht, welches Risiko polizeiliche Anfragen nach dem SPG für die befragten Websitebetreiber, Internetprovider oder Telecom-Anbieter bergen.

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Das novellierte österreichische Sicherheitspolizeigesetz (SPG) sorgt weiterhin für Aufregung. Bei einer Veranstaltung der Fachgruppe Unternehmensberatung und IT (UBIT) der Wiener Wirtschaftskammer erläuterte Rechtsanwalt Michael Pilz, welches Risiko polizeiliche Anfragen nach dem SPG für die befragten Websitebetreiber, Internetprovider oder Telecom-Anbieter bergen. Gegen Auskünfte, die nicht vom SPG gedeckt sind, können juristische Schritte eingeleitet werden. Die Palette reiche von einer Beschwerde bei der Datenschutzkommission über den Ausstieg aus einem laufenden Vertrag bis zum Anspruch auf Schadenersatz und Unterlassung.

Pilz, Einzinger, Prager, Jeitler. Vertreter des Innenministeriums und des Bundeskanzleramtes sind der Einladung nicht gefolgt.

Nach Paragraph 53 SPG müssen auf Polizeibefehl Standortdaten und die internationale Mobilfunkteilnehmerkennung (IMSI) eines Handys herausgegeben werden. Provider müssen Name und Anschrift von Nutzern bestimmter IP-Adressen preisgeben. Eine richterliche Kontrolle, ob die Voraussetzungen vorliegen – zum Beispiel eine konkrete Gefahrensituation &ndash, gibt es nicht mehr. Eine Information der Betroffenen ist ebenso wenig vorgesehen, wie das Löschen der erhobenen Daten. Die Polizei stellt seit Jahresbeginn Anfragen und behauptet dabei, dass die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben seien, ohne dies näher auszuführen. Die Polizei müsse dazu trainiert werden, nachzuweisen, in welcher Form die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, meint Pilz.

Kurt Einzinger, Generalsekretär des Providerverbandes ISPA, empfahl seinen Mitgliedern, ohne richterlichen Beschluss keine Daten zu Ereignissen herauszugeben, die mehr als 48 Stunden zurückliegen, denn hier sei die vom SPG geforderte konkrete Gefahrensituation nicht gegeben. Christian Jeitler vom Verein quintessenz meint, bei jeder Anfrage müsse bei der Behörde angerufen werden, um zu überprüfen, ob die Anfrage wirklich von dort stamme. Anfrageformulare und Fax-Absenderkennungen könnten leicht gefälscht werden. Martin Prager, stellvertretender Obmann des Fachverbandes UBIT der Bundeswirtschaftskammer, erläuterte, an das UBIT-Büro weitergeleitete SPG-Anfragen würden kostenlos innerhalb eines Werktages von einem Anwalt überprüft.

"Teilen Sie Ihrem Kunden mit, 'Ich musste Ihre Daten bekannt geben'", forderte Pilz alle auf, die mit SPG-Anfragen bedacht werden. "Wir empfehlen, unverzüglich die Betroffenen zu informieren, über die man Auskunft geben musste", äußerte sich Prager ähnlich, das SPG sehe keine Geheimhaltungspflicht vor.

Die österreichische Tageszeitung Die Presse hat gestern über eine ihr zugespielte Statistik des Innenministeriums berichtet, wonach alleine in den ersten fünf Wochen des Jahres die Polizei bereits tausende Anfragen nach dem SPG gestellt hat. "Diese Zahlen übersteigen jene, die mir vorliegen, deutlich", kommentierte der Rechtsschutzbeauftrage Theodor Thanner gegenüber der Zeitung. Die Statistik könne auch Überwachungsanfragen enthalten, die auf Grund einer richterlichen Anordnung stattfanden, über diese werde er aber nicht informiert. Laut dem Bericht bezieht sich die Statistik ausdrücklich nur auf Anfragen nach Paragraph 53 SPG.

Von Jahresbeginn bis 4. Februar wurden laut der Statistik Namen und Adressen von 2766 Inhabern von Telefon- und Internetanschlüssen ausgeforscht. In 22 Fällen verlangte die Polizei Auskunft, wer eine IP- oder E-Mail-Adresse genutzt hatte. 540-mal wurde die Identität von Internet-Nutzern aufgrund der Annahme einer konkreten Gefahrensituation erfragt. Von 82 Handys wurde der Standort gepeilt, was in 29 Fällen mit einer Selbstmordgefährdung begründet wurde. Die von den Verfechtern der SPG-Novelle angeführten Hauptanwendungsfälle der in Bergnot geratenen Wanderer beziehungsweise der verschütteten Lawinenopfer sind in dem Beobachtungszeitraum kein einziges Mal eingetreten. (Daniel AJ Sokolov) / (anw)