Wildwuchs beim Kfz-Kennzeichen-Scanning in den USA am Pranger

US-Polizeibehörden speichern massenhaft automatisch erfasste Autonummernschilder oft jahrelang oder gar unbegrenzt, hat eine Bürgerrechtsorganisation herausgefunden. Sie warnt vor umfangreichen Bewegungsprofilen.

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US-Polizeibehörden speichern massenhaft automatisch erfasste Autokennzeichen oft jahrelang oder gar unbegrenzt. Größtenteils fließen dabei die Nummern Unverdächtiger in große Datenbanken mit ein. Dies geht aus einer Untersuchung hervor, für die die US-Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) 293 Strafverfolgungseinrichtungen in 38 Bundesstaaten und im Regierungsbezirk Washington zum Einsatz von Kfz-Nummernschild-Scannern befragt hat. Die ACLU warnt, dass die Ermittler anhand der Daten genaue Bewegungsprofile von Bürgern erstellen könnten. Die Informationen könnten teils auch von jedem Interessierten abgefragt werden.

Für die Kennzeichenanalyse werden fest etwa an Brücken installierte Scanner, Kameras in Laptops oder sogar spezielle Smartphone-Apps genutzt, sodass die Betroffenen meist nicht merkten, wenn sie aufgezeichnet werden. Dabei sei die Trefferquote gering: Die ACLU führt beispielhafte Fälle an, bei denen nur zwischen 0,08 und 0,3 Prozent der erfassten Kennzeichen tatsächlich auf Fahndungslisten standen. Für die ACLU ist damit eine Schleppnetz-Fahndung aufgebaut worden, indem große Teile der Gesellschaft routine- und standardmäßig von Überwachungssystemen erfasst werden.

Wie die Zeitung Star Tribune berichtet, haben allein in Minneapolis acht mobile und zwei feste Scanner zwischen Januar und August 2012 rund 4,9 Millionen Nummernschilder aufgezeichnet. Im Bundesstaat Maryland seien in den ersten fünf Monaten des vergangenen Jahres 29 Millionen Kennzeichen erfasst worden. Die Stadt Jersey, die 250.000 Einwohner ausweise, habe über fünf Jahre hinweg rund 10 Millionen Datensätze gesammelt.

Ermittler argumentierten, dass die Kfz-Überwachung nützlich sei, um möglicherweise auch nach Jahren noch Straftaten aufzuklären. Bürger dürften keine Privatsphäre erwarten, wenn sie in einem Auto auf einer öffentlichen Straße führen oder parkten, erklärte ein Sprecher der Polizei von Mesquite in Texas. Deren Archive über gescannte Kennzeichen reichten derzeit bis 2008 zurück, Löschfristen seien bislang nicht vorgesehen. Nur fünf Bundesstaaten hätten dazu bisher klare Regelungen. Hierzulande beschäftigt ein Streit um das automatische Erfassen von Nummernschildern und den Abgleich der Daten mit Fahndungsdateien in Bayern derweil das Bundesverwaltungsgericht. (anw)