Richter skeptisch gegenüber Sperrungsanordnung für Porno-Site

Das Kieler Landgericht verhandelte dreieinhalb Stunden über eine einstweilige Verfügung zur Blockade von YouPorn.com, welche die Kirchberg Logistik GmbH gegen den Provider Kielnet anstrebt. Am Urteil wird noch gefeilt.

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Der Streit in der Porno-Branche über erforderliche Maßnahmen zum Jugendschutz im Internet geht weiter. Am heutigen Mittwoch hat das Kieler Landgericht dreieinhalb Stunden über eine einstweilige Verfügung zur Sperrung von YouPorn.com verhandelt, welche die Kirchberg Logistik GmbH aus Hannover gegen den Provider Kielnet anstrebt. Der vorsitzende Richter zeigte dabei nach Angaben eines Behördensprechers deutliche Skepsis gegenüber dem Ansinnen des Klägers. Es sei lange erörtert worden, inwieweit der Zugangsanbieter überhaupt in der Lage sei, eine rechtsstaatlich verträgliche und trotzdem nicht leicht zu umgehende Blockade der Porno-Site vorzunehmen. Dies sei technisch jedenfalls "nicht einfach".

Der Richter machte sich demnach auch Gedanken über die möglichen Konsequenzen einer Sperrungsanordnung für die Netzbetreiber, das Internet und andere Inhaltsbereiche. Man müsse etwa fragen, was mit Angeboten zum Download rechtswidrig angebotener MP3-Musikdateien sei. Aber es schwirre auch vieles andere im Netz herum, was verschiedenen Interessenvertretern ein Dorn im Auge sei. Von den Songs käme man etwa rasch zu Musikvideos oder gar Reiseinformationen, die sich nachteilig auf eine Region auswirken könnten. Es drohe hier, ein Fass ohne Boden aufgemacht zu werden. Das Urteil soll am 23. November verkündet werden.

Der Kläger war zuvor mit dem Antrag auf eine weitere einstweilige Verfügung beim Landgericht Frankfurt am Main auf weniger Widerstand gestoßen. Dieses verdonnerte den Telekommunikationsanbieter Arcor jüngst dazu, den Zugang zu YouPorn zu sperren. Der Provider setzt dazu auf eine vergleichsweise einfach zu umgehende Blockade auf Basis des Domain Name Systems (DNS).

Die Kirchberg Logistik wirft YouPorn und vergleichbaren, im Ausland stationierten Sexseiten vor, konsequent den deutschen Jugendschutz zu umgehen und ohne Einsatz einer aufwändigen Altersüberprüfung eine enorme Internetreichweite mit entsprechendem Werbeumsatz zu generieren. Die Betreiberfirma des Video-Erotikportals sexyfilms.de, hinter dem die Video Buster Entertainment Group und deren Geschäftsführer Andreas Grebenstein und Mario Brunow stehen, hatte sich daher mit Sperrungsaufforderungen etwa auch für die Portale Privatamateure.com oder Sex.com an zahlreiche Zugangsanbieter gewandt. Die meisten der angeschriebenen Unternehmen reagierten darauf nicht.

Im Fall Arcor ist bislang unklar, ob der Provider Rechtsmittel gegen die einstweilige Verfügung einlegt und in die Hauptverhandlung geht. Der Anbieter erhoffte sich in dieser Frage Schützenhilfe von der Kieler Verhandlung. Aber auch die Kirchberg Logistik sieht sich ihrerseits mit einer ganzen Reihe juristischer Angriffe konfrontiert. So konnte etwa die Pulheimer CyberMaxx GmbH, die das Bezahlsystem für Privatamateure.com lieferte, bereits Mitte Juni eine einstweilige Verfügung gegen die selbsternannten Jugendschützer erwirken. Das Landgericht Hamburg verbot darin der Kirchberg Logistik, etwa über sexyfilms.de "im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs öffentlich im Internet oder in anderen Medien pornographische Schriften" auch an Jugendliche "zu verbreiten, anzubieten oder zugänglich zu machen". Anlass war, dass die Firma zwar prinzipiell ein den gesetzlichen Anforderungen hierzulande entsprechendes Altersprüfsystem installiert, die zuvor offen einsehbaren Titel von bereit gehaltenen Porno-Videos aber teils nicht geschwärzt hatte.

Die einstweilige Verfügung hat das Landgericht Hamburg am 13. September auch in einem heise online vorliegenden Urteil bestätigt und den Antragsgegnern auch die weiteren Kosten des Verfahrens aufgebürdet. Laut der Entscheidung greifen die von Kirchberg Logistik zu ihrer Entlastung vorgebrachten Argumente nicht, wonach kein planmäßiger Wettbewerbsverstoß vorliege und der Kläger durch ein Vergleichsangebot unlauter gehandelt habe. Vielmehr sei aufgrund der Wichtigkeit des betroffenen Schutzgutes grundsätzlich jeder Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Jugendschutzes als erheblich im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb anzusehen. Der Antragsgegner hätte zudem auf einfachem Wege durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung eine Wiederholungsgefahr ausräumen können. Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Antragstellerin sei dagegen nicht festzustellen.

Die Berliner Kanzlei Waldenberger Rechtsanwälte, die CyberMaxx vertritt, hat vom Landgericht Hamburg inzwischen die Verhängung eines "empfindlichen" Ordnungsgeldes gegen Kirchberg Logistik verlangt. Dem Antrag nach konnten bei einer erneuten von CyberMaxx in Auftrag gegebenen Prüfung von sexyfilms.de Anfang Juli wiederum zahlreiche unzensierte Videotitel und pornographische Bilder gefunden werden, die vollkommen ungeschützt zugänglich gewesen seien. Darüber hinaus geht der Payment-Dienstleister auch in anderen Angelegenheiten gegen Kirchberg Logistik vor. So konnten die Pulheimer etwa vor dem Landgericht Köln eine weitere einstweilige Verfügung erkämpfen. Darin wird den Hannoveranern untersagt, Werbe-Mails für ein Partnerprogramm von sexyfilms.de an die CyberMaxx GmbH zu senden. (Stefan Krempl) / (vbr)