Indien: Abhören von Telefonaten und E-Mail-Überwachung bei jeglicher Straftat

Das indische Parlament hat mit der Novelle des IT-Gesetzes für den Subkontinent die Überwachungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden enorm ausgeweitet, selbst das Ansehen von Pornogaphie wird strafbar.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 210 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Das indische Parlament hat mit der Novelle des IT-Gesetzes für den Subkontinent die Überwachungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden enorm ausgeweitet. Nach Medien- und Bloggerberichten dürfen Telefonate, E-Mails und andere Formen der Telekommunikation künftig bei jeglicher Straftat abgehört werden. Die sonst übliche Eingrenzung dieser tief in die Grundrechte einschneidenden Maßnahme auf schwere Delikte entfällt damit künftig in Indien. Weiter erlaubt das Information Technology Amendment Bill, das auf einen Regierungsvorstoß (PDF-Datei) von 2006 zur Überarbeitung des Information Technology Act zurückgeht, die Blockade von Webseiten zur Wahrung der nationalen Sicherheit.

Das überarbeitete Gesetz, welches das indische Ober- und Unterhaus kurz vor Weihnachten ohne weitere Debatten offenbar unter dem Eindruck der Terroranschläge von Mumbai (Bombay) kurz vor Weihnachten in Eile verabschiedeten, sieht ferner umfangreiche Kompetenzen zur Bekämpfung von Cybercrime wie Computerbetrug, Phishing oder Angriffe auf IT-Systeme vor. Nicht nur gegen Kinderpornographie will Indien zugleich scharf vorgehen, sondern auch jegliche obszönen Darstellungen verbieten lassen. Ein Unterschied zwischen Produzenten und Nutzern wird dabei nicht gemacht. Auch wer Porno übers Internet allein anschaut, steht damit bereits mit einem Fuß im Gefängnis. Ihm drohen bis zu zwei Jahre Haft. Selbst niedere Polizeibeamte dürfen beim Verdacht auf illegalen Pornokonsum etwa Wohnungsdurchsuchungen durchführen. Die Reform richtet sich somit anscheinend auch gegen gewisse Freizügigkeiten, die sich Indiens Bollywood-Filmindustrie geleistet hat.

Ursprünglich diente das IT-Gesetz dazu, weltweite Vereinbarungen für den E-Commerce national umzusetzen. Die Novelle enthält somit auch Bestimmungen, die Zugangsanbieter für die Haftung für gewisse, von ihnen nur durchgeleitete Inhalte freispricht. Zudem werden Regeln für den Umgang mit elektronischen Signaturen aufgestellt. Auch ein pauschaler Schadensersatzanspruch bei Datenschutzverstößen ist vorgesehen.

Mit der Einfügung der neuen Schnüffel- und Sperrmaßnahmen schießt das gebilligte Gesetz aber über diese Ziele hinaus und kann für eine weit reichende Internetzensur genutzt werden. Amnesty International führt Indien bereits seit Längerem auf einer Liste von Staaten, in denen das Internet gefiltert wird. Blogger kritisieren, dass Indien so in eine totale Überwachungsgesellschaft "schlafwandelt". Nicht einmal gängige Kunstfreiheiten für Darstellungen würden auf den Internetbereich ausgedehnt. Selbst wer im Jux eine Bedrohung oder Persönlichkeitsverletzung im Internet ausspreche oder eine entsprechende Mail weiterleite, könne ins Kittchen wandern. (Stefan Krempl) / (jk)