Bilderkennung für Promis und Stammkunden

Ein Elektronikkonzern hat ein Verfahren entwickelt, das Ladengeschäften helfen soll, wichtige Personen bevorzugt zu behandeln.

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Ein Elektronikkonzern hat ein Verfahren entwickelt, das Ladengeschäften helfen soll, wichtige Personen bevorzugt zu behandeln.

Der britisch-japanische Technologieanbieter NEC IT Solutions arbeitet an Bilderkennungsverfahren, mit denen Geschäfte erkennen können, ob eine prominente Persönlichkeit den Laden betreten hat. Das Unternehmen stellt sein Verfahren eigentlich für Sicherheitsdienste und Polizeibehörden her, um Kriminelle und Terroristen aufzuspüren. Dazu werden Bildvorlagen, sogenannte Face Templates, mit Aufnahmen von Videokameras abgeglichen, die sich beispielsweise im Türbereich befinden.

Wie die Londoner "Sunday Times" schreibt, kann eine solche Datenbank neben Face Templates von Prominenten auch die von besonders wertvollen Kunden enthalten. Ein Verkäufer werde dann per Computer, Tablet oder Smartphone diskret informiert, wenn ein VIP die Räume betritt. Gleichzeitig werden die Präferenzen des Kunden auf dem Display gezeigt – beispielsweise die Kleidergröße und früher gekaufte Produkte. So werde eine individuelle Beratung möglich.

NEC bietet auch biometrische Kontrollsysteme für Grenzübertritte an.

(Bild: NEC)

Die Software von NEC IT Solutions soll sogar einwandfrei funktionieren, wenn die zu erkennende Person ihr Gesicht leicht verschleiert oder eine Brille trägt. Gleiches gilt für Bartwuchs oder neue Haarfarbe. Selbst Alterungsprozesse und Gewichtsveränderungen seien kein Problem, schreibt die "Sunday Times".

Aktuell laufen bereits Tests in rund einem Dutzend Geschäfte und Hotels in Fernost, Großbritannien und den USA. Wo genau, verraten weder der Hersteller noch die Retail-Läden, unter denen sich sogar prominente Adressen befinden sollen. Ein Manager von NEC IT Solutions gab dem Bericht zufolge an, dass die Firma Datenschutzprobleme, die mit der Technik in Verbindung stehen "angegangen" habe. Die meisten Stammkunden seien mit dem System zufrieden, weil es eine schnellere Bedienung verspreche.

Das NeoFace-System erkennt Gesichter in einer Menschenmenge.

(Bild: NEC)

Manolo Almagro, Manager für den Digitalbereich bei der Retail-Agentur TPN Inc., sagte gegenüber dem US-Radiosender "NPR", die Technik von NEC IT Solutions sei nicht neu. Es handele sich um eine fortentwickelte Version dessen, was man beispielsweise von Googles Bildersuche Google Images kennt. Dort lassen sich zu einer Vorlage ähnliche Fotos finden. Allerdings erlaubt Google Images explizit nicht die Erkennung von Gesichtern. Ein entsprechendes Feature wurde auch bei der Google-Datenbrille Google Glass zunächst nicht umgesetzt, weil es Datenschutzbedenken gab. Google-Chairman Eric Schmidt hatte in Interviews betont, dass man bestimmte Techniken bewusst nicht anwende, weil sie zu "creepy" seien. Almagro denkt ebenfalls, dass Gesichtserkennung potenziell "gefährliches Territorium" sei.

In Großbritannien hatte es zuletzt eine größere Debatte zum Thema Datenschutz in Ladengeschäften geheben – zwar nicht um Gesichtserkennung, aber eine andere Form von direktem Tracking von Einzelpersonen. Das Start-up Renew London hatte WLAN-Erfassungsgeräte in Müllkübeln platziert, um Nutzer mit Smartphones über deren Netzwerkadresse (MAC) zu identifizieren. Dabei lassen sich zwar zunächst keine Namen und andere persönliche Daten feststellen, einzelne Geräte aber von Sensor zu Sensor verfolgen, weil MACs stets eindeutig sind. Je mehr WLAN-Erfassungsgeräte verfügbar sind, desto weitläufiger ist auch das Tracking.

Gesicht und Körper werden getrennt erfasst, ein Markierungspunkt zeigt die erfolgreiche Erkennung.

(Bild: NEC)

Als Nutzungsbeispiel gab Renew London die Erstellung von Statistiken an, welche Geräte von Apple über Samsung bis Nokia die Nutzer in der Innenstadt mit sich tragen. Aber auch personalisierte Werbung sei möglich. In Läden installiert, kann das WLAN-Erfassungsgerät ebenfalls die Ladenbesatzung informieren, ob ein besonderer Kunde kommt. War dieser etwa vorher in einem mit dem System ausgestatteten Nobelgeschäft, könnte das ein Signal für einen besonders lukrativen Besucher sein.

Renew London musste sein System nach Protesten allerdings abbauen. Die City of London Corporation sah Probleme mit dem Datenschutz. Renew-London-Chef Kaveh Memari sagte, man habe alle Versuche gestoppt, wehre sich aber gegen das Verbot beim zuständigen Information Commissioner's Office. (bsc)