Filmindustrie geht mit Schnüffelhunden gegen Raubkopien vor

"Lucky" und "Flo" heißen die neuen Geheimwaffen von Anti-Piraterieverbänden, die mit ihren auf den Geruch von Polykarbonaten trainierten Nasen kopierte Silberscheiben in Verstecken und auf Flohmärkten aufspüren.

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"Lucky" und "Flo" heißen die neuen Geheimwaffen von deutschen Anti-Piraterieverbänden, welche die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) am heutigen Freitag der Presse in Berlin vorstellte. Die Nasen der beiden schwarzen Labradore sind auf den Geruch von Polykarbonaten und anderen Chemikalien trainiert, die zur Herstellung von CDs und DVDs verwendet werden. Die beiden niedlich dreinschauenden Hunde ermitteln seit 2005 im Dienst der Motion Pictures Association (MPA), einer internationalen Lobbyvereinigung der Filmindustrie, weltweit gegen Raubkopien.

"Lucky" und "Flo" sollen versteckte Datenträger in wesentlich kürzerer Zeit finden als Menschen

Anfang November setzte die GVU die zwei Tiere nun erstmals auf den tschechischen Grenzmärkten in Svaty Kriz unweit von Waldsassen und Strazny in der Nähe von Philippsreut bei Razzien gemeinsam mit tschechischen Zöllnern ein. Dabei erschnüffelten Lucky und Flo nach Angaben der GVU in 14 verriegelten Ständen sowie mehreren versteckten Lagern hinter doppelten Wänden und in Pkw-Kofferräumen etwa 17.000 CDs und DVDs mit illegalen Film- und Musikkopien. Auch zwei Festnahmen sollen auf das Konto der Hunde gegangen sein.

Nach Schnüffelerfolgen in Malaysia haben dortige Fälscherbanden bereits ein Kopfgeld auf die neuen animalischen Hilfssheriffs ausgelobt. In dem asiatischen Land verhalfen die bislang einzigartigen Raubkopien-Ermittler binnen sechs Monaten zu Beschlagnahmen von 1,88 Millionen Raubkopien im Marktwert von 2,4 Millionen Euro, zwei DVD-Reproduktionsanlagen, einer Raubkopierfabrik, 97 DVD-Brennern. Darüber hinaus sollen sie zu Festnahmen von 26 Menschen geführt haben, die anschließend der Copyright-Verletzung angeklagt wurden. Als Dank verlieh ihnen die malaysische Regierung Medaillen für außerordentliche Leistungen.

Auch für Deutschland gehören die Spürnasen laut dem Vorstandsvorsitzenden der GVU, Christian Sommer, zu den "wertvollsten Mitarbeitern im Kampf gegen Raubkopien". Sie würden versteckte Datenträger in wesentlich kürzerer Zeit finden als Menschen. Zum anderen sieht Sommer in den Hunden auch "Sympathieträger". Sie könnten helfen das Anliegen der Filmwirtschaft zu fördern, das Bewusstsein für die Unrechtmäßigkeit des illegalen Kopierens und Brennens von Filmen zu schärfen. Mit den Einsätzen auf den Grenzmärkten erhofft sich der GVU-Vorstandsvorsitzende zudem ein Signal an die Politik, selbst derartige vierbeinige Ermittler ausbilden zu lassen und zum Einsatz zu bringen. Zwischen legalen und widerrechtlich gebrannten Datenträgern können die Hunde freilich nicht unterscheiden.

Politik und Wirtschaft bemühen sich seit längerem um eine stärkere Bekämpfung von Produktpiraterie, wobei Tschechien immer wieder in einem Atemzug mit Ländern wie China genannt wird. "Es kann nicht sein, dass beispielsweise die tschechische Seite diese Märkte duldet, weil sich das Angebot hauptsächlich an deutsche Kunden richtet und die tschechische Wirtschaft davon profitiert", monierte Sommer nun gegenüber heise online. Hier erwarte er auch ein verstärktes Engagement der Bundesregierung. Solange es noch eine Vielzahl von Busunternehmen gebe, die Touren zu den Grenzmärkten "speziell für den Kauf von Raubkopien" organisieren, werde das Problem nicht geringer. Natürlich sei die GVU aber auch auf der tschechischen Seite aktiv und versuche dort die Hintermänner auszukundschaften. Hierzulande ist die Vereinigung der Filmwirtschaft immer wieder wegen ihrer umstrittenen Ermittlungsmethoden in die Kritik geraten. (Stefan Krempl) / (jk)