Guardian: Britischer Geheimdienst ließ Festplatten mit Snowden-Material zerstören

Auf staatlichen Druck hin musste die Tageszeitung The Guardian vor wenigen Wochen angeblich Festplatten zerstören, auf denen Dokumente von Edward Snowden gespeichert waren. Weitere Enthüllungen hätten verhindert werden sollen.

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Der britische Geheimdienst GCHQ hat beim britischen Guardian vor wenigen Wochen die Zerstörung von Festplatten mit den Dokumenten des NSA-Whistleblowers Edward Snowden verlangt und beaufsichtigt. Das hat Chefredakteur Alan Rusbridger nun öffentlich gemacht. Demnach habe die britische Regierung bereits einige Tage nach Beginn der Enthüllungen Anfang Juni angefangen, im Namen des Premierministers Druck auf die Zeitung auszuüben. Das Material, das Guardian-Journalist Gleen Greenwald von Edward Snowden erhalten hatte, solle zerstört werden. Ansonsten werde man das auf juristischem Weg durchsetzen.

Nachdem die Forderungen anfangs "stahlhart, aber freundlich" vorgebracht worden seien, habe sich der Ton vor etwas mehr als einem Monat verschärft. Es sei die Äußerung gefallen: "Ihr hattet euren Spaß. Jetzt wollen wir das Zeug zurück". Auf die Entgegnung, dass man ohne das Material nicht recherchieren oder berichten könne, habe es geheißen: "Ihr hattet eure Debatte. Es muss jetzt nicht mehr geschrieben werden". Auch der Hinweis, dass die meisten Enthüllungen bereits in New York verfasst werden und Glenn Greenwald in Brasilien lebt, habe die Haltung nicht geändert.

Schließlich sei es zu einem der bizarrsten Momente in der Geschichte des Guardian gekommen. Zwei Sicherheitsexperten des GCHQ hätten im Keller des Guardian überwacht, wie Festplatten zerstört wurden. Beim Zusammenfegen der Überreste eines Macbook Pro habe einer gescherzt, "jetzt können wir die schwarzen Hubschrauber zurückrufen". Die britische Regierung sei danach zufrieden gewesen, schreib Rusbridger weiter. Aber seine Zeitung habe sich danach eben darauf verlegt, aus New York über die NSA-Überwachungsaffäre zu berichten.

Rusbridger erklärt, die staatlich verlangte Verhinderung einer Veröffentlichung sei in den USA nahezu unmöglich. Trotzdem warnt er davor, dass es für Journalisten bald unmöglich sein wird, ihren Quellen Vertraulichkeit zuzusichern. Die meisten Recherchen, ja die meisten Leben, hinterließen einfach zu viele digitale Spuren. Die Kollegen, die Edward Snowden verunglimpfen oder sagen, Reporter sollten dem Staat trauen, könnte eines Tages ein brutales Erwachen bevorstehen. Die totale Überwachung sei eine grundsätzliche Gefahr für den Journalismus und derzeit sehe es so aus, als sei es nicht mehr eine Frage, ob diese kommt, sondern nur noch wann. (mho)