Programme und Positionen zur Bundestagswahl 2013: Die CDU/CSU

Noch ist der Ausgang des Rennens um die Macht in Berlin nicht entschieden. Da lohnt sich noch einmal ein genauer Blick in die Wahlprogramme der großen Parteien. Den Auftakt der c't-Reihe zur Bundestagswahl 2013 macht die CDU/CSU.

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Laut CDU und CSU steht am Wahltag viel auf dem Spiel: "Es geht darum, ob Deutschland ein starkes und erfolgreiches Land bleibt", heißt es ganz zu Anfang des "Regierungsprogramms 2013-2017" der Union. "Gemeinsam erfolgreich für Deutschland" lautet der Solidarität beschwörende Titel der konservativen Agenda.

Vom "Neuland" zum "Wachstumstreiber": Die CDU/CSU und das Internet.

(Bild: dpa, Julian Stratenschulte)

Schon am Anfang ihres Programms verweisen die beiden Volksparteien auf den technischen Fortschritt und "insbesondere die Digitalisierung", die "mit großer Geschwindigkeit unsere Art zu leben, zu arbeiten und uns miteinander auszutauschen" veränderten. Dies eröffne "viele neue Chancen auf zukunftsfähige Arbeitsplätze und zukünftigen Wohlstand". Branchen und Betriebe verlören auch den Anschluss, wenn sie nicht rechtzeitig auf den Wandel reagierten.

Das Internet wird im Plan für die nächste Legislaturperiode als "Wachstumstreiber für unsere Wirtschaft" bezeichnet. Ein "gemeinsamer Pakt von Kommunen, Ländern und Bund" soll dafür sorgen, "dass unsere Schulen auf der Höhe der Zeit ausgestattet sind". Genannt werden eine moderne Ausstattung mit Computertechnik, digitale Lernangebote und eine bessere Vernetzung von Klassenzimmern. Ein Versprechen wie "Tablet-Rechner für alle Schüler" macht die Union trotz anderer vorheriger Verlautbarungen nicht.

CDU/CSU wollen als Garanten für Sicherheit punkten.

Überwachung, Sicherheit und Netzpolitik im Allgemeinen

CDU und CSU haben ihren Wahlkampf ins Zeichen der Sicherheit gestellt. "Die Gefahr ist groß, durch falsche Entscheidungen die Stabilität unserer Währung, Deutschlands wirtschaftliche Stärke und damit Arbeitsplätze aufs Spiel zu setzen", wirbt die Union für sich.

Traditionell sehen die Konservativen sich auch als Verfechter der inneren Sicherheit. "Wir wollen, dass alle Menschen in Deutschland frei und sicher leben können – zu Hause, in Straßen, auf Plätzen, in Bussen oder Bahnen, bei Tag oder bei Nacht ebenso wie auch angesichts der Gefahren, die zum Beispiel mit dem islamistischen Terrorismus verbunden sind", ist dazu in der Wahlagenda nachzulesen. Konkret wollen CDU und CSU die Videoüberwachung an "Brennpunkten" wie Bahnhöfen verstärken.

Zugleich treten sie für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ein: "Mindestspeicherfristen für Verbindungsdaten" seien nötig, um Straftaten wie die Verbreitung von Kinderpornographie im Netz aufklären oder Anschläge verhindern zu können. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer und die CDU-Vizevorsitzende Julia Klöckner regten angesichts des US-Spähskandals zwar an, diese Position zu überprüfen und dem Datenschutz mehr Gewicht zu geben. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach warnte im Juli aber vor einem Kurswechsel und betonte, dass die Union trotz unterschiedlichen Begriffswahl an der Vorratsdatenspeicherung festhalte. Bundeskanzlerin Angela Merkel strebt im Licht der PRISM-Enthüllungen ein internationales Datenschutzabkommen auf Ebene der Vereinten Nationen an.

"Verantwortungsvolle Datenpolitik" steht im CDU/CSU-Programm, auch für das Internet der Dinge.

Privatwirtschaftlicher Datenschutz, Umgang mit Informationssammlungen von Facebook, Google & Co.

Bei der EU-Datenschutzreform legten Unionspolitiker lange Zeit wenig Eifer an den Tag. Im Lichte von PRISM und Tempora brachte Innenminister Friedrich dann aber auf EU-Ebene eine Meldepflicht für Unternehmen bei der Weitergabe von Daten europäischer Bürger an Sicherheitsbehörden in Drittstaaten ins Spiel. Die geplante EU-Datenschutzverordnung soll um diesen Punkt ergänzt werden. Die Bundesregierung hat diese Initiative in ihr Programm "zum besseren Schutz der Privatsphäre" übernommen. Generell strebt Bundeskanzlerin Angela Merkel strebt im Licht der PRISM-Enthüllungen ein internationales Datenschutzabkommen auf Ebene der Vereinten Nationen an.

Die Union hat sich eine "verantwortungsvolle Datenpolitik" ins Programm geschrieben. Auch im "Internet der Dinge" müsse der Schutz der Privatsphäre möglich sein. "Das hohe deutsche Datenschutzniveau muss auch bei der Überarbeitung des EU-Datenschutzrechtes erhalten bleiben", halten beide Parteien fest. Für die Nutzung persönlicher Daten habe der Grundsatz der "ausdrücklichen Einwilligung" zu gelten. Ziel sei es, "das Recht auf Löschen der eigenen Daten, verbraucherfreundlich gewählte Voreinstellungen zur Privatsphäre vor allem in sozialen Netzwerken und die Berücksichtigung des Datenschutzes in der Entwicklung neuer Techniken und Produkte durchzusetzen".

Wenn Software, Speicher und Rechenkapazitäten im Rahmen des "Cloud Computing" über das Internet abgerufen werden, müssen dem Parteienverbund zufolge auf die damit verbundenen Fragestellungen erst noch "Antworten gefunden werden". CDU und CSU wollen Deutschland "zu einem attraktiven Datenstandort entwickeln, an dem gezielt die Nutzung von Daten gefördert wird". Gleichzeitig seien die Interessen der Nutzer am Schutz ihrer persönlichen Informationen sicherzustellen.

Die neue Stiftung Datenschutz solle dabei einen wichtigen Beitrag zur Information der Bürger in dieser Hinsicht leisten. Friedrich plädierte bislang vor allem für eine stärkere Selbstkontrolle der Wirtschaft beim Datenschutz. Verbraucher- und Datenschützer werfen dem Innenminister vor, grundlegende Prinzipien des Datenschutzes in Deutschland und Europa in Frage stellen zu wollen.

Schutz der Urheberrechte wird bei der Union groß geschrieben.

(Bild: dpa)

Weiterentwicklung und Durchsetzung des Urheberrechts

Das Urheberrecht wollen CDU und CSU weiterentwickeln, etwa "beim Thema Privatkopie, beim Umgang mit Rechtsverstößen durch Nutzer oder der wachsenden Zahl neuer Formen der digitalen Verwertung". Dabei sei eine technische und rechtspolitische Abwägung nötig, um den berechtigten Interessen der Urheber, der Rechteinhaber, der Verwerter und der Verbraucher gerecht zu werden. Viele Fragen seien nicht national zu lösen.

Bei der sogenannten Störerhaftung für die Betreiber offener Hotspots will die Union nicht nachbessern. WLAN-Anbieter sollen so nicht vor Unterlassungsansprüchen wegen Urheberrechtsverletzungen freigestellt werden. Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst und Kultur sind dem Programm zufolge auf "den Schutz geistigen Eigentums" angewiesen. Gleichzeitig will die Union aber "mit einem verlässlichen, modernen Urheberrecht den Einsatz digitaler Studienmaterialien an den Hochschulen vereinfachen".

Genaueres über Vorstellungen der Union zur Reform der Rechte an immateriellen Gütern enthält ein Diskussionspapier der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Günter Krings und Michael Kretschmer vom vergangenen Jahr. Die darin geforderten Vorstöße zum Eindämmen von Massenabmahnungen mit einem neuen Kostendeckel und für ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Internet hat der Bundestag vor der Sommerpause noch verabschiedet. Die Unionspolitiker meinen aber etwa auch, dass die umkämpften Warnhinweise an Internetnutzer im Kampf gegen Rechtsverletzungen "einen Beitrag zur Aufklärung leisten" könnten. Eine Kulturflatrate fürs straffreie Filesharing lehnen die zwei Parteien zudem entschieden ab.

Softwarepatenten stehen Rechtsexperten der Union kritisch gegenüber. Allgemein wollen sich die Konservativen aber "mit Blick auf die Chancen unserer Wirtschaft auf dem Weltmarkt" weiterhin für deutsche Produkte und Forschungsergebnisse stark machen, was vor allem "für Patente und Normen" gelten soll.

Breitbandausbau ja, Netzneutralität jein, sagt die CDU/CSU.

(Bild: dpa, Peter Kneffel/Archiv)

Breitbandausbau / Netzneutralität

Bis 2018 wollen die Konservativen "schnelles Internet flächendeckend verfügbar machen". So soll es möglich werden, "Internet-TV zu nutzen und Bankgeschäfte, Behördengänge oder telemedizinische Dienstleistungen abzuwickeln". Deutschland soll auf diesem Weg das "digitale Wachstumsland Nummer 1 in Europa" werden.

Für den Netzausbau wird keine Technik hervorgehoben, da dies die weitere Verbreitung der Breitbandinfrastruktur in ihrer Vielfältigkeit gefährden würde. Nur durch die Nutzung der kabelgebundenen Infrastruktur und leistungsstarker Mobilfunktechniken sei das Ziel zu erreichen. Der Politik obliege es, geeignete Rahmenbedingungen festzulegen, damit der ländliche Raum ausreichend und gleichwertig mit Breitband versorgt werden könne. Gerade in den Städten sollen dagegen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass "mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar wird".

Ob der Gesetzgeber die Netzneutralität festschreiben muss, hält die Union für eine offene Frage. Im Wahlprogramm schweigt sie sich dazu größtenteils aus. Initiativen der Opposition für einschlägige Aktivitäten hat Schwarz-Gelb in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach abgelehnt, um keinem "Sozialismus in den Netzen" das Wort zu reden.

Die Union will die Forschung stärker fördern und eine Open-Access-Strategie entwickeln.

(Bild: c't)

Investitionen in Forschung und Entwicklung, Open Data, Open Access

Den Anteil für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt will die Union "weiter steigern", ohne konkrete Zahlen zu nennen. Die "Zielmarke von drei Prozent" sei aber so gut wie erreicht, dieser Weg werde fortgesetzt. Die bisherigen Maßnahmen ergänzen soll eine steuerliche Forschungsförderung, die unternehmerische Anstrengungen vor allem im Mittelstand für neue Ideen und Technologien unterstützt. Im Auge haben die Konservativen dabei "Projekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Labor bis hin zum Prototyp". Die Zusammenarbeit des Bunds mit Universitäten und Forschungseinrichtung soll ausgebaut werden, wofür eine Grundgesetzänderung nötig sei.

Bündeln will die Union Forschungs- und Innovationsaktivitäten mit einer "Hightech-Strategie 2020". Damit einhergehen soll die Ausrichtung auf die "großen Herausforderungen und Zukunftsmärkte: Umwelt und Energie, Gesundheit und Ernährung, Mobilität, Sicherheit und Kommunikation". Mit einer neuen "Open Innovation"-Initiative wollen CDU und CSU Chancen gerade für kleine, ideenreiche Unternehmen schaffen. Unter dem Stichwort verstehen beide Parteien den Ansatz, "vorhandenes Wissen in Organisationen auch für Außenstehende zugänglich zu machen, um neue Ideen voranzutreiben.

Wissenschaftliche Erkenntnisse, die mit staatlicher Förderung entstehen, sollen nach einer angemessenen Zeit für alle Bürger frei zugänglich werden. Dazu wollen die Konservativen zusammen mit der Wissenschaft eine entsprechende "Open Access"-Strategie entwickeln. (axk)