Arcor hat Widerspruch gegen Verfügung zur YouPorn-Sperre eingelegt

Der Provider will in einer gerichtlichen Verhandlung prüfen lassen, warum er die Sexseite blockieren soll, während Wettbewerber nicht dazu angehalten sind. Am Landgericht Düsseldorf gibt es derweil auch Zweifel an einer Sperrungsanordnung.

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Arcor stellt die einstweilige Verfügung zur Sperrung der Sexseite YouPorn.com in Frage. "Wir haben Widerspruch eingelegt", erklärte ein Sprecher des Telekommunikationsunternehmens gegenüber heise online. Es könne nicht sein, dass ein Provider verpflichtet werde, das Angebot zu blockieren, während andere dies nicht tun müssten. "Das wollen wir prüfen lassen". Zudem sagte der Firmenvertreter, dass die eingerichtete Sperre über das Domain Name System (DNS) genauso wie die zuvor freiwillig ohne gerichtliche Vorgabe getestete Blockade des ganzen betroffenen IP-Adressraums "technisch wenig sinnvoll" seien. Bei der momentan gewählten DNS-Vorrichtung gebe es jedenfalls diverse Umgehungsmöglichkeiten.

Die Kirchberg Logistik GmbH aus Hannover hat als Kläger moniert, dass das auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien stehende Angebot YouPorn.com keine den deutschen Gesetzen entsprechende Alterskontrolle durchführt und der Jugendschutz nach hiesigem Recht damit nicht gewährleistet ist. Zugleich erziele das Angebot – wie viele vergleichbare andere ausländische Erotik-Seiten – aber eine enorme Internetreichweite und generiere damit hohe Werbeeinnahmen. Die Hannoveraner wollen mit dem Videoportal sexyfilms.de selbst mit Erotik im Netz Kasse machen. Sie bemühen sich dabei aber nach eigenen Angaben, den strengen Jugendschutzauflagen hierzulande zu entsprechen. Wettbewerber, die auch Kinder und Heranwachsende allein mit dem Abklicken einer Volljährigkeitsbestätigung auf ihre Seiten lassen, möchten sie dagegen am liebsten aus dem Internet verbannt wissen.

Die Kirchberg Logistik, hinter der die Video Buster Entertainment Group und deren Geschäftsführer Andreas Grebenstein und Mario Brunow stehen, hat deshalb Sperrungsaufforderungen an zahlreiche Zugangsanbieter geschickt. Diese richteten sich anfangs unter anderem auch gegen die Portale Privatamateure.com oder Sex.com. Die meisten der angeschriebenen Unternehmen reagierten darauf nicht. Gegen Arcor, Kielnet und Tele2 stellten die Hannoveraner daraufhin gerichtliche Anträge auf einstweilige Sperrungsverfügungen – sozusagen als Testballon für mögliche weitere Verfahren. Eine Entscheidung ist dabei bisher nur am Landgericht Frankfurt am Main gegen Arcor gefallen.

Der Richter im Fall Kirchberg Logistik vs. Kielnet zeigte bei der Verhandlung über den Antrag der Hannoveraner Porno-Vertriebsfirma Anfang November deutlich mehr Skepsis gegenüber einer Sperrungsanordnung als die Kollegen in Hessen. Er erörterte am Kieler Landgericht mit beiden Seiten lange, inwieweit der Zugangsanbieter überhaupt in der Lage sei, eine rechtsstaatlich verträgliche und trotzdem nicht leicht zu umgehende Blockade der Porno-Site vorzunehmen. Dies ist seiner Ansicht nach technisch jedenfalls "nicht einfach". Der Richter machte sich zudem auch Gedanken über die möglichen Konsequenzen einer Verfügung zur Webseitenblockade für die Netzbetreiber, das Internet und andere Inhaltsbereiche. Es würden viele hierzulande rechtswidrige Angebote im virtuellen Raum herumschwirren, sodass ein Fass ohne Boden aufgemacht zu werden drohe.

Am gestrigen Mittwoch fand vor der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorfs nun auch die Verhandlung über eine einstweilige Verfügung zur Sperrung von YouPorn.com und privatamateure.com zwischen Kirchberg Logistik und Tele2 statt. Der Rechtsanwalt der Hannoveraner legte dem Gericht einen Beschluss aus Kopenhagen gegen die dänische Mutterfirma des Providers vor. Tele2 akzeptierte vor einem Jahr eine von der Musikindustrie erwirkte einstweilige Verfügung, nach welcher der Zugangsanbieter seinen Kunden den Zugang zum umstrittenen russischen Online-Musikanbieter AllofMP3.com verwehren muss. Auf einen Grundsatzstreit mit den Rechteinhabern wollte sich der Provider damals nicht einlassen und entschied sich ebenfalls für eine DNS-Sperre.

Die Kammer in Düsseldorf hegte laut Prozessbeobachtern in der kurzen mündlichen Anhörung aber ähnliche Zweifel an der Notwendigkeit und technischen Realisierbarkeit einer Sperrungsverfügung wie der Richter in Kiel. Sie umriss ebenfalls die Problematik, wie viele Angebote die Provider beim Folgen des Antrags des Klägers künftig noch bald blockieren müssten und wie damit eventuell auch Zensurbestrebungen Tür und Tor geöffnet werden könnte. Eine Entscheidung soll am 12. Dezember verkündet werden.

Mit seinem Kampf zur weltweiten Aufrechterhaltung des deutschen Jugendschutzes hat sich die Kirchberg Logistik auch Feinde in der Porno-Branche gemacht. Die Pulheimer CyberMaxx GmbH, die das Bezahlsystem für Privatamateure.com lieferte, konnte etwa eine einstweilige Verfügung sowie in Folge ein Urteil des Hamburger Landgerichts erreichen. Damit wird den Hannoveranern untersagt, "im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs öffentlich im Internet oder in anderen Medien pornographische Schriften" auch an Jugendliche "zu verbreiten". Ursache war, dass die Firma auf sexyfilms.de Titel von Hardcore-Videos ungeschwärzt angeboten und so selbst gegen die Jugendschutzbestimmungen verstoßen hatte. Das Amtsgericht Hannover hat in der juristischen Schlammschlacht Kirchberg Logistik ferner jüngst dazu verurteilt, im Streit mit CyberMaxx über eine Werbemail zu Herkunft und Verwendung der für das "Spamming" genutzten personenbezogenen Daten Auskunft geben zu müssen. Die Hannoveraner sind damit angehalten, dem Rechtsgegner Einblick in interne Firmenunterlagen zu gewähren.

Hintergrund-Informatioinen zur Schlammschlacht in der Erotik-Branche bietet der Artikel Sperren für den Jugendschutz in c't 23/07, S. 88. (Stefan Krempl) / (jk)