Kieler Landgericht weist Antrag auf Sperrung von Pornoseiten zurück

Der Provider Kielnet muss die Erotik-Angebote YouPorn.com und Privatamateure.com nicht blockieren. Einen entsprechenden Antrag auf eine einstweilige Verfügung von Kirchberg Logistik hat das Gericht zurückgewiesen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 78 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.

Der schleswig-holsteinische Provider Kielnet muss den Zugang zu den Erotik-Angeboten YouPorn.com und Privatamateure.com für seine Kunden nicht blockieren. Das Landgericht Kiel hat einen entsprechenden Antrag auf eine einstweilige Verfügung zur Sperrung der IP-Adressen der beiden Pornoseiten durch die Kirchberg Logistik GmbH zurückgewiesen (AZ.: 14 O 125/07). Die Kammer für Handelssachen 1 des Gerichts, welche die Entscheidung am heutigen Freitag verkündete, sah einem Sprecher der Einrichtung zufolge keine Verpflichtung des Zugangsanbieters zur Blockade der inkriminierten Angebote. Kielnet sei weder "Täter noch Teilnehmer" an den beklagten Verstößen gegen Auflagen zum Jugendschutz. Der Provider betreibe weder die angesprochenen IP-Adressen, noch halte er die Seiten auf eigenen Servern zum Abruf bereit. Seine Leistung sei vielmehr inhaltsneutral und verfolge in diesem Fall auch keine eigenen oder fremden Wettbewerbsinteressen.

Den Antrag zur Verfügung gegen Privatamateure.com sonderten die Kieler Richter ganz aus, weil sie hier die Eilbedürftigkeit einer einstweiligen Verfügung nicht gegeben sahen. Die Klägerin habe mindestens seit Juli diesen Jahres Kenntnis über die Zugriffsmöglichkeiten auf die Site über die Dienste der Beklagten gehabt, hielten sie fest. Zum Zeitpunkt des Eingang des Antrags am 1. Oktober sei damit die im Wettbewerbsrecht regelmäßige angesetzte Frist von vier Wochen längst verstrichen gewesen.

Formal anders stellte sich der Fall für die Kammer bei YouPorn dar. Dennoch sei das Begehr der Kirchberg Logistik auch hier nicht ausreichend begründet und nicht mit den gesetzlichen Bestimmungen zur Haftung von Providern in Einklang zu bringen. Die verlangte Sperre sei zudem "technisch nicht einfach". So würden dem Nutzer Möglichkeiten bleiben, etwa über andere Server auf die Pornoseite zuzugreifen. Zudem könne der Anbieter umziehen und auch so über die gleiche Webadresse wieder für interessierte Nutzer zugänglich sein. Insgesamt wäre der Antrag so selbst bei dessen Stattgabe bei einem kleinen Provider wie Kielnet "nahezu wirkungslos". Die Kammer hatte bereits bei der mündlichen Verhandlung Anfang November deutliche Skepsis gegenüber einer Sperrungsanordnung gezeigt.

Die Firma Kirchberg Logistik aus Hannover hatte als Kläger vorgebracht, dass das auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien stehende Angebot YouPorn.com keine den deutschen Gesetzen entsprechende Alterskontrolle durchführt und der Jugendschutz nach hiesigem Recht damit nicht gewährleistet ist. Zugleich erziele das Angebot – wie viele vergleichbare andere ausländische Erotik-Seiten – aber eine enorme Internetreichweite und generiere damit hohe Werbeeinnahmen. Dieser Sachverhalt treffe im Großen und Ganzen auch auf Privatamateure.com zu. Die Hannoveraner wollen mit ihrem Videoportal sexyfilms.de selbst mit Erotik im Netz Kasse machen. Sie bemühen sich dabei aber nach eigenen Angaben, den strengen Jugendschutzauflagen hierzulande zu entsprechen. Wettbewerber, die auch Kinder und Heranwachsende allein mit dem Abklicken einer Volljährigkeitsbestätigung auf ihre Seiten lassen, möchten sie dagegen am liebsten aus dem Internet verbannt wissen.

Der Einsatz für mehr Jugendschutz durch die Kirchberg Logistik, hinter der die Video Buster Entertainment Group und deren Geschäftsführer Andreas Grebenstein und Mario Brunow stehen, zieht sich bereits eine Weile hin. Die Porno-Vertriebsfirma schickte im Sommer Sperrungsaufforderungen an zahlreiche deutsche Zugangsanbieter. Diese richteten sich anfangs unter anderem auch gegen die Portale Privatamateure.com oder Sex.com. Die meisten der angeschriebenen Unternehmen reagierten darauf nicht. Allein Arcor testete freiwillig eine Sperre auf Basis der IP-Adresse, hob diese aufgrund großer Kollateralschäden aber rasch wieder auf. Die Hannoveraner stellten daraufhin gerichtliche Anträge auf einstweilige Sperrungsverfügungen gegen Arcor, Kielnet und Tele2 – sozusagen als Testballon für mögliche weitere Verfahren.

Im Verfahren gegen Arcor gab das Landgericht Frankfurt am Main im Gegensatz zu der Kieler Gerichtskammer im Oktober einem ähnlichen Antrag von Kirchberg Logistik statt. Das Telekommunikationsunternehmen hat dagegen aber inzwischen Widerspruch eingelegt. Es hält die eingerichtete Sperre über das Domain Name System (DNS) für technisch wenig sinnvoll. Zudem will der Provider prüfen lassen, warum gerade er YouPorn.com sperren soll, während andere Zugangsanbieter nicht in die Pflicht genommen würden.

Siehe dazu auch:

(Stefan Krempl) / (jk)