Französische Kulturministerin verteidigt Netzsperren

Die französische Kulturministerin Christine Albanel hat die französischen Pläne zur Sperrung von Kundenanschlüssen bei Urheberrechtsverletzungen verteidigt.

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Von
  • Monika Ermert

Die französische Kulturministerin Christine Albanel hat zum Auftakt der Musikmesse Midem das französische Gesetzesvorhaben "Creation et Internet" verteidigt. Sie sehe keine Gefahr für das Gesetz von Seiten der EU. In dem Gesetz sind die viel diskutierten Netzssperren für Nutzer geregelt, die wiederholt wegen des Austauschs urheberrechtlich geschützter Daten erwischt werden. Die Überwachung dafür soll eine eigene Behörde, Haute autorité pour la diffusion des œuvres et la protection des droits sur Internet (Hadoupi), übernehmen, die bislang lediglich für Interoperabilitätsfragen zuständig war. Die Internetsperren gelten verschiedenen Kritikern, auch innerhalb des EU-Parlaments, als schwer vereinbar mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung.

"Ich sehe keinen Konflikt mit den Grundrechten", sagte Albanel gegenüber heise online. "Die Sperren sind nur von kurzer Dauer und die Betroffenen können anderweitig, etwa bei Freunden, ins Internet gehen." Allerdings sieht das Gesetz, das im März noch auf der Tagesordnung der französischen Nationalversammlung steht, eine Sperre von bis zu einem Jahr für Wiederholungstäter vor. Zudem verwies Albanel auch auf die Unmöglichkeit für den Betroffenen, sich einen neuen Provider zu suchen. Die Missetäter werden nämlich auf einer Liste geführt; mit dort aufgeführten Kunden dürfen französische Provider dann keinen neuen Vertrag machen.

Wie gut das Gesetz sich praktisch umsetzen lässt, muss sich erst noch zeigen, sagen französische Journalisten. Wie wird die geplante Behörde damit umgehen, wenn jemand schwört, dass er nicht der "Pirat" war? Wird man ihm die Installation eines Filters auferlegen? Wie wird gesichert, dass dem Triple-Play-Kunden nur der Internetzugang gesperrt wird und nicht die Telefonleitung? Und was wird das alles kosten?

Albanel begründete die Sperren als Teil einer Gesamtstrategie, mit der die zunehmende Krise der Musikbranche abgewendet werden solle. Die von der Ministerin bezifferten Umsatzrückgänge im vergangenen Jahr belaufen sich auf 15 Prozent. Seit 2003 sei der Musikmarkt um die Hälfte geschrumpft. Mit "Creation Internet" wolle man daher den im Entstehen begriffenen neuen digitalen Musikmarkt unterstützen, auch durch den Kampf gegen die Piraterie. Albanel begrüßte in diesem Zusammenhang das Entgegenkommen der großen Musikstudios, auf Digital Rights Management (DRM) zu verzichten.

Anti-Pirateriemaßnahmen und mehr attraktive legale Angebote für die Nutzer müssten Hand in Hand gehen. Man wolle die dem Gesetzentwurf vorangegangene "Elysee-Vereinbarung", darin hatten sich ISPs in Frankreich zur Zusammenarbeit mit den Rechteinhabern verpflichtet, auch auf die großen Web-2.0-Anbieter wie Google ausdehnen.

Die Einschätzungen darüber, ob das Gesetz über Netzssperren unverändert die Nationalversammlung passiert, gehen auseinander. Beim ersten Anlauf für ein Gesetz über Netzsperren hatte die Regierung schlecht ausgesehen, weil die Opposition kurzerhand über eine Kulturflatrate mit abstimmen ließ und gewann. Dieses Mal dürfte die Aufmerksamkeit bei der Abstimmung daher hoch sein.

Zur Midem siehe auch:

Zum "Three Strikes"-Modell und den möglichen Internet-Sperren gegen mutmaßliche Urheberrechtsverletzer siehe auch:

(Monika Ermert) / (uma)