US-Musikindustrie muss in Filesharing-Prozess Zahlen offenlegen

In einem Filesharing-Prozess muss die klagende US-Musikindustrie nun Zahlen offenlegen, die den tatsächlich entstandenen Schaden belegen sollen, der durch eine angeblich illegale Verbreitung von 38 Songs verursacht wurde.

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In einem der zahlreichen Verfahren der US-Musikindustrie gegen mutmaßliche Filesharer muss die Klageseite nun ihre Schadensersatzforderung erläutern und dem Gericht Einblick in ihre Kostenaufstellung gewähren. Das entschied der Richter in dem Verfahren der Universal Music Group (UMG) und anderer gegen Marie Lindor, der vorgeworfen wird, 38 Titel unberechtigt über Filesharing-Netze verbreitet zu haben.

Die von dem US-Verband RIAA vertretenen Label fordern Schadensersatz von mindestens 750 US-Dollar pro Verstoß und berufen sich dabei auf das US-Copyright (DMCA), das die pauschale Festsetzung des Schadensersatzes unabhängig vom tatsächlich erlittenen Schaden zwischen 750 und 150.000 US-Dollar erlaubt. Der Anwalt der Beklagten bezweifelt, dass dies bei Musikstücken, die weniger als einen Dollar kosten, angemessen ist und den Anforderungen eines fairen Prozesses und damit der Verfassung entspricht.

Anwalt Ray Beckerman versucht schon seit einiger Zeit, die Musikindustrie zur Herausgabe von Zahlen zu zwingen, die ein Licht auf den tatsächlich entstandenen Schaden werfen könnten. Der Jurist argumentiert, dass die Forderung der RIAA bei angenommenen Großhandelspreisen von 70 US-Cent je Song weit überzogen und damit nicht verfassungskonform sei. Er fordert, den Schadensersatz auf das maximal Zehnfache der tatsächlichen Kosten zu begrenzen.

Seinen vorherigen Anträgen, die Klageseite möge bitte ihre tatsächlichen Kosten beziffern, hatten die RIAA-Anwälte mit Gegenanträgen beantwortet. Darin hieß es unter anderem, Beckermans Forderung sei zu vage. Zudem lägen entsprechende Unterlagen nicht vor oder seien nur mit großem Aufwand beizubringen. Auch anderen Versuchen von Anwälten, der Musikindustrie das Geheimnis ihrer Kalkulation zu entlocken, begegneten die RIAA-Juristen mit taktischen Ausweichmanövern. Die Strategie der RIAA sei, meint Beckerman in seinem Blog, bei Beweisanträgen zu mauern.

In diese Mauer hat Richter Robert Levy nun ein Loch geschlagen. Er ordnete am Montag an, dass die RIAA innerhalb von zwei Wochen ihre Kosten für den Verkauf der fraglichen Musikstücke genauer erläutern muss. Der Richter ist der Ansicht, dass die Offenlegung durchaus geeignet ist, für das Verfahren wertvolle und verwertbare Beweise zu liefern. Darüber hinaus sollen die Kläger genau erklären, welche Kosten sie warum nicht beziffern können und warum dies gegebenenfalls nur mit unzumutbarem Aufwand möglich sei.

Die Frage der Schadensersatzhöhe in Filesharing-Fällen war vor allem durch den Prozess gegen Jammie Thomas ins öffentliche Interesse gerückt. In dem Verfahren um 24 Songs hatten die Geschworenen die Angeklagte für schuldig befunden und bei der Ermittlung des Schadensersatzes den Spielraum des DMCA genutzt. Mit insgesamt 222.000 US-Dollar oder 9.250 US-Dollar pro Song setzte die Jury auch ein deutliches Zeichen. Thomas wird gegen das Urteil in Berufung gehen. (vbr)