City-Domain .berlin erhält keine offizielle Berliner Unterstützung

Der IT-Ausschuss im Abgeordnetenhaus hat einen Antrag der oppositionellen CDU abgelehnt, mit dem eine "Weiterentwicklung des Adressraums Internet" gefördert werden sollte. Beim zweiten IGF galten Top Level Domains für Städte und Regionen als begehrt.

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Die Berliner dotBerlin GmbH kann weiterhin nicht auf offizielle Unterstützung für ihren Plan bauen, eine Top Level Domain .berlin einzuführen. Einen Antrag der CDU, mit dem eine entsprechende "Weiterentwicklung des Adressraums Internet" gefördert werden sollte, hat der Ausschuss für Informationstechnik im Berliner Abgeordnetenhaus am heutigen Donnerstag mit den Stimmen der rot-roten Regierungskoalition abgelehnt. Es sei kompliziert genug gewesen, das Stadtportal berlin.de für die Berliner "zugänglich zu machen", begründete Robert Schaddach von der SPD-Fraktion die Zurückweisung der gesonderten Städte-Domain. Nun habe man dort "super viele Zugriffe", sodass man von dem zentralen Portal für die Vermarktung der Stadt sprechen könne. Bei einer zusätzlichen Top Level Domain mit zahlreichen Einzeladressen für die Stadtverwaltung werde die Angelegenheit nur komplizierter, meinte der ehemalige Leiter Geschäftsentwicklung der berlin.de new media GmbH.

Auch für den Berliner IT-Staatssekretär Ulrich Freise war der Fall klar. "Wir haben eine gut eingeführte Marke", sagte er unter Verweis auf berlin.de, "und wir lassen es dabei". Der SPD-Politiker sprach von 27 Millionen monatlichen Nutzern für das Stadtportal, verwechselte dabei aber offenbar die Zahl der Seitenabrufe mit denen der einzelnen Besucher. Deren Anzahl liegt laut Statistiken bei 4,3 Millionen im Monat. Freise konnte zudem keine allgemeine Entwicklungsdynamik hin zu eigenständigen City-Domains erster Kategorie erkennen. Für Städte wie Warschau oder Peking scheide ein solcher Ansatz wohl auch schon aus, weil diese international keine einheitliche Schreibweise ihres Namens hätten.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte zuvor bereits deutlich gemacht, dass er bei einer Unterstützung von .berlin eine Vermischung von öffentlichen und privaten Angelegenheiten befürchte. Der Senat wolle sich ferner nicht zu der von ihm an den Berliner Verlag abgegebenen Second Level Domain berlin.de selbst Konkurrenz machen. Bei Vertragskündigung müsse das Land mit einem mindestens hoch sechsstelligen Betrag pro Jahr einspringen, um ein in etwa gleichwertiges Angebot aufrechtzuerhalten und seine bisher in das System eingebrachten Mittel zu schützen.

Laut Thomas Birk von den Grünen stellt der Betreibervertrag für das Stadtportal kein Hindernis dar, wenn man ihm zu vorgesehen Ablaufdatum rechtzeitig kündige. Städte-Domains seien "der Weg der Zukunft", sodass es besser wäre, wenn Berlin hier ganz vorn dabei wäre. Andreas Statzkowski von der CDU versuchte zugleich, ein "offensichtliches Missverständnis" auszuräumen. Dotberlin sei nicht als Konkurrenz zu berlin.de gedacht, insofern es auch nicht um einen Ausstieg dort gehe. Die CDU wolle den Apfel berlin.de behalten und damit weitermachen, gleichzeitig mit einer zusätzlichen guten Birnensorte wie .berlin Innovation und Wettbewerb aber nicht behindern. Auch ein Vertreter der FDP-Fraktion begrüßte die Initiative als Chance für das Standortmarketing.

Bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus im Juni hatten sich viele Experten für .berlin ausgesprochen. Mit dem Vorstoß zu der Top Level Domain soll laut den Initiatoren für alle Interessenten auf der ganzen Welt eine regionale Identität im Internet entstehen. Beim zweiten Internet Governance Forum (IGF) in Rio de Janeiro galten Top Level Domains für Städte und Regionen als begehrt. Vertreter von .africa, .lat (für Lateinamerika), .nyc (New York), .baires (Buenos Aires) und dot.Berlin machten dort deutlich, dass sie entsprechende Adressen bei der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) beantragen wollen. (Stefan Krempl) / (jk)