Linke und Grüne werfen Regierung "Duckmäusertum" in der NSA-Affäre vor

Nicht einmal Wirtschaftsspionage mit Milliardenschäden habe das Bundeskabinett aufgeweckt, monierten Abgeordnete der voraussichtlichen Opposition. Es stehe im "größten Datenschutzskandal" mit leeren Händen da.

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Linke und Grüne haben der Bundesregierung in der NSA-Affäre Versagen vorgeworfen. "Ihre erste Pflicht wäre gewesen: Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung", monierte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Gregor Gysi, am Montag auf einer Sondersitzung des Bundestags. Das Kabinett habe sich von den USA "einlullen lassen". Nicht einmal Berichte über Wirtschaftsspionage mit Milliardenschäden habe sie aufgeweckt. "Mit Duckmäusertum erreicht man keine Freundschaft", meinte Gysi und schlug vor, dem Whistleblower Edward Snowden doch noch den Friedensnobelpreis zu verleihen.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

"Warum ducken sie sich weg?", wandte sich Hans-Christian Ströbele von den Grünen direkt an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die CDU-Politikerin war bei der knapp zweistündigen Debatte zwar anwesend, ging aber nur im Rahmen ihrer Regierungserklärung kurz auf den Spionageskandal ein. Ströbele forderte erneut, dem früheren NSA-Vertragsarbeiter Snowden Asyl zu gewähren. Die Regierung stehe im "größten Datenschutzskandal" mit leeren Händen da, ergänzte der Ströbeles Fraktionskollege Konstantin von Notz. Schon im Vorfeld habe Schwarz-Gelb eine durchgehende Verschlüsselung bei Diensten wie De-Mail "verunmöglicht" und den neuen Personalausweis diskreditiert. Nun seien drängende Fragen zur Rolle deutscher oder britischer Dienste "in diesem zusammenhängenden System" offen, weshalb neben der Reform der Kontrolle der Sicherheitsbehörden ein Untersuchungsausschuss nötig sei.

Das Thema eigne sich nicht für parteipolitischen Streit, versuchte die SPD-Politikerin Eva Högl zu beschwichtigen. Auch sie habe noch viele Fragen in Richtung "unserer Nachrichtendienste". Die Organisationsform der parlamentarischen Aufklärung sei aber zweitrangig. Der Sozialdemokrat Thomas Oppermann stellte die Beteiligung der IT-Firma CSC am Prüfen von Staatstrojanern oder dem Aufbau "sicherer Netze" hierzulande infrage, wenn sich die jüngsten Berichte bestätigen sollten, dass das Unternehmen "Teil dieses nachrichtendienstlichen Komplexes ist". Der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil beklagte, dass das Innenministerium offenbar angesichts von Vorschlägen zur Überwachung von Internetknoten oder Mautdaten nichts aus der Affäre gelernt habe.

Michael Grosse-Brömer von der CDU/CSU-Fraktion räumte ein, dass "den US-Geheimdiensten ein Stück weit das Augenmaß verlorengegangen" sei. Dies sei aber kein Grund, Snowden Asyl zu gewähren. Der Whistleblower werde von den USA zwar juristisch belangt, aber nicht politisch verfolgt, ergänzte Unionsvize Günter Krings. In diesem Fall gelte das Auslieferungsabkommen mit den USA. Das Asylgrundrecht sei "kein fürstliches Privileg". Für den CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl sind die Vorwürfe eines "Pakts" zwischen deutschen und US-amerikanischen Geheimdiensten widerlegt: "Diese Dinge sind für uns ausdiskutiert und beendet." In anderen Aspekten der Affäre sei die Bundesregierung aber "nicht mit der Wahrheit bedient" worden. (vbr)