Große Koalition bringt die Vorratsdatenspeicherung zurück

Die Verhandlungsführer von CDU/CSU und SPD haben sich für den Vertrag über die Bildung einer Großen Koalition auf die Protokollierung von Nutzerspuren geeinigt: Die einschlägige EU-Richtlinie soll demnach erneut in nationales Recht gegossen werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 267 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Vorratsdatenspeicherung

Kurz nach Mitternacht am Dienstagmorgen haben sich Verhandlungsführer von CDU/CSU und SPD im Rahmen ihrer Koalitionsgespräche auf einen Kompromiss zum Dauerstreitthema Vorratsdatenspeicherung geeinigt. Schwarz-Rot will demnach die einschlägige EU-Richtlinie "über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten" umsetzen und diese personenbeziehbaren Informationen sechs Monate von Providern aufbewahren lassen.

Ein Zeitpunkt für dieses Vorhaben wird aber nicht genannt. Genauso offen lässt die vage Formulierung, was mit Standortdaten aus dem Mobilfunk erfolgen soll. Diese werden von den Brüsseler Vorgaben eigentlich umfasst. Ihre verdachtsunabhängige Speicherung ist besonders umkämpft, da sich damit einfach Bewegungsprofile anfertigen lassen. Eigentlich hat sich Schwarz-Rot in anderen Teilen des immer stärker Form annehmenden Koalitionsvertrags darauf verständigt, eine personenbezogene Profilbildung nur in engen Grenzen zuzulassen.

Die heise online vorliegende Passage zur Vorratsdatenspeicherung sieht weiter vor, dass ein Zugriff auf die gespeicherten Informationen "nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen" können soll. Die geplante Koalition möchte damit offenbar die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts gesetzlich verankern. Die Karlsruher Richter hatten den ersten Anlauf von Schwarz-Rot zur anlasslosen Protokollierung von Nutzerspuren von 2007 teils für verfassungswidrig erklärt und gekippt.

Die sich abzeichnende neue große Koalition möchte zudem den betroffenen Telekommunikationsfirmen vorschreiben, einschlägige Daten über Bundesbürger nur "auf Servern in Deutschland" aufzubewahren. Dies käme Juristen zufolge aber einem Verstoß gegen die Richtlinie gleich, da die Provider demnach die für Strafverfolger zu speichernden Daten im gesamten Binnenmarkt lagern dürften.

Union und Sozialdemokraten wollen schließlich auf EU-Ebene "auf eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate hinwirken". Insgesamt gehen Beobachter so von einem klassischen Kompromiss zwischen den Positionen der beiden Fraktionen aus: Zwar ist die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung festgeschrieben, es komme nun aber auf die künftigen Justiz- und Innenminister an, die Luft nach vielen Seiten lassende Klausel aus der Koalitionsvereinbarung zu interpretieren.

Innenpolitiker der Konservativen wollten die Telcos und Zugangsanbieter eigentlich möglichst rasch dazu verdonnern, die elektronischen Nutzerspuren wieder sechs Monate lang aufzubewahren. Die SPD plädierte dafür, das im Frühjahr 2014 erwartete Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Vereinbarkeit der EU-Richtlinie mit den Grundrechten abzuwarten und eine deutlich niedrigere Speicherfrist einzuführen. (jk)