SPD-Chef Gabriel wirbt unsachlich für die Vorratsdatenspeicherung

Das verdachtsunabhängige Protokollieren von Nutzerspuren habe nach dem Terroranschlag in Norwegen "sehr geholfen", meint Sigmar Gabriel. SPD-Netzpolitker werfen ihm das Instrumentalisieren der Opfer vor.

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Wirbt für die Vorratsdatenspeicherung: SPD-Chef Sigmar Gabriel.

(Bild: dpa, Kay Nietfeld)

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat in der ARD am Mittwochabend für das verdachtsunabhängige Protokollieren von Nutzerspuren geworben, nachdem die Sozialdemokraten im Koalitionsvertrag mit CDU und CSU eine Wiedereinführung der heftig umstrittenen Maßnahme beschlossen hatten. Durch die Vorratsdatenspeicherung in Norwegen habe man bei dem Terroranschlag im Juli 2011 in Oslo und dem Massaker auf der Insel Utøya "sehr schnell" gewusst, "wer der Mörder war", behauptete der Parteichef. Das Instrument habe auch "sehr geholfen", Anders Breivik als Einzeltäter zu überführen.

SPD-Netzpolitiker, die entschieden gegen eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung sind, wollen diese Ansage so nicht stehen lassen. In Norwegen seien damals Verbindungs- und Standortdaten nicht anlasslos aufbewahrt worden, stellten sie in einem Blogeintrag klar. Das dortige Parlament habe zwar im April 2011 für die Einführung der Vorratsdatenspeicherung gestimmt, die Regelung sei aber bis heute nicht umgesetzt. Als Starttermin sei derzeit der Januar 2015 im Gespräch.

Die konventionellen Ermittlungen hätten allem Anschein nach der norwegischen Polizei gereicht, um Breivik zu überführen, heißt es bei den Netzexperten weiter. Sie werfen Gabriel vor, "mit so einer falschen Behauptung" die Opfer des Massenmörders zu "instrumentalisieren" und jegliche Kritik an der Vorratsdatenspeicherung zu diskreditieren.

Auch der Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Ulrich Schellenberg, hat den schwarz-roten Kurs scharf kritisiert: "Solange nicht sichergestellt ist, dass amerikanische und britische Organisationen die im Entwurf der großen Koalition vorgesehen Eingriffshürden für die Verwertung der Daten beachten, muss eine Erfassung unterbleiben", forderte er gegenüber dem Handelsblatt. Völlig ungeklärt sei zudem, wer die Speicherung bezahlen müsse. Das Verwaltungsgericht Berlin habe bereits im Jahr 2008 geurteilt, dass die Telekommunikationsfirmen mit diesen Kosten nicht belastet werden dürften.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, der Berichten zufolge in der neuen Legislaturperiode in seinem Amt bleiben soll, hat das schwarz-rote Vorhaben dagegen verteidigt. Die Sicherheitsbehörden erhielten dadurch ein wichtiges Mittel im Vorgehen gegen schwere Straftaten wie Kinderpornographie oder Computerkriminalität zurück, sagte der CSU-Politiker der Saarbrücker Zeitung: "Diese Daten werden uns helfen, noch entschiedener Verbrechen zu bekämpfen." (jkj)