Kanada: E-Mail macht Briefpost teurer und schlechter

Briefe sollen in Kanada nur noch bis 2019 zur Haustür zugestellt werden. Dann müssen sie unaufgefordert abgeholt werden. Parallel wird das Porto drastisch angehoben.

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Die Verbreitung von E-Mail und anderen elektronischen Kommunikationsformen hat das Aufkommen von Briefpost deutlich reduziert. Die kanadische Post reagiert nun mit heftigen Einschnitten: Die Briefzustellung zur Haustür ist spätestens 2019 Geschichte. Dann müssen Briefe unaufgefordert abgeholt werden. Die Post will so bis zu 8000 Arbeitsplätze streichen. Parallel wird das Porto drastisch angehoben. In den USA werden die kanadischen Pläne mit Argwohn verfolgt.

Die 3500 Einwohner von Trois-Pistoles, Quebec, müssen sich ihre Briefe
schon seit Jahren vom Postamt abholen. Kein Einzelfall in Kanada.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Weniger Briefe, mehr Zustelladressen und eine geänderte Struktur des Postverkehrs – vor diesem Problem steht auch Canada Post. Beispielsweise hat die Menge an Rechnungen und Kontoauszügen pro Adresse seit 2007 um knapp ein Viertel abgenommen. Private Briefe von Bürger zu Bürger beschränken sich inzwischen fast ausschließlich auf spezielle Anlässe wie Weihnachten, Hochzeitseinladungen, Geburten- und Todesanzeigen. Der Großteil der Sendungen kommt also von relativ wenigen Absendern mit hohem Volumen. Diesen winken nächstes Jahr neue Rabatte.

Onlinebestellungen führen zu deutlich mehr Paketen. Alleine für das zweite Quartal 2013 meldete Canada Post einen Zuwachs von 5,1 Prozent. Doch das kann den Gesamtrückgang nicht mehr abfedern. Vergangenes Jahr hat Canada Post erstmals weniger als zehn Milliarden Sendungen verarbeitet.

In kleinen Städten und ländlichen Regionen gibt es schon jetzt keine Briefzustellung mehr, teilweise seit Jahren. Die Einwohner müssen regelmäßig eine Gemeinschafts-Brieffachanlage oder ihr Postamt aufsuchen, um zu erfahren, ob sie Post haben. Ohne fahrbaren Untersatz ist das meist unmöglich. Und selbst mit Auto stellt es im kanadischen Winter eine Herausforderung dar. Ältere Menschen und solche mit körperlichen Beeinträchtigungen leiden besonders.

Diese Situation kommt nun selbst auf die Millionenstädte zu. Bereits nächstes Jahr werden die ersten städtischen Gemeinschaftsanlagen in Betrieb genommen, 2019 soll die Umstellung abgeschlossen sein. Jeder dritte Kanadier ist von dem abgespeckten Dienst betroffen. Pakete werden bis auf Weiteres noch zugestellt. Lediglich in Häusern mit vielen Parteien wird sich wenig ändern; wie auch in Deutschland sind Hausbrieffächer im Eingangsbereich üblich.

Billiger wird das Porto aber keineswegs. Im April steigt der Preis für einzeln aufgegebene Inlandsbriefe bis 30 Gramm um fast 60 Prozent. Briefmarken im Zehnerpack werden um mehr als ein Drittel teurer. Auch schwerere oder größere Kuverts sowie Auslandsbriefe werden deutlich teurer. Dabei kostet schon jetzt ein einfacher Brief von Kanada nach Deutschland fast doppelt so viel wie der gleiche Brief in umgekehrter Richtung.

In den USA, wo im Unterschied zu Kanada auch samstags und teilweise sogar sonntags zugestellt wird, wird eine Vorbildwirkung befürchtet. "Jeder, der Zweifel daran hat, wohin sich das US Postal Service entwickelt, sollte schauen, was nördlich der Grenze passiert", schreibt etwa Bloomberg über den "unaufhaltbaren Rückzug des Postdienstes."

Die kanadische Postgewerkschaft und die oppositionellen Sozialdemokraten (NDP) verurteilen die Pläne. Wirtschaftsliberal eingestellte Kommentatoren fordern ein Ende des Briefmonopols, das in Kanada für Sendungen bis 500 Gramm gilt – ausgenommen Zeitungen, Zeitschriften und Bücher.

Canada Post ist Eigentum der kanadischen Krone. Das Unternehmen hat nach 1995 jedes Jahr Gewinn gemacht. Einzige Ausnahme war 2011, als das Unternehmen im Zuge eines Arbeitskonflikts die Mitarbeiter aussperrte und wochenlang gar nichts zustellte. Im laufenden Jahr dürfte es aber einen Verlust geben. (anw)