Familienministerium hofft weiter auf freiwillige Kinderporno-Sperren

Im Bundesfamilienministerium herrscht trotz offener rechtlicher Fragen Optimismus, dass einzelne große Provider bald einen Vertrag zur Blockade kinderpornografischer Seiten unterzeichnen.

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Die offenen rechtlichen Fragen dämpfen offenbar nicht den Optimismus im Ministerium von Ursula von der Leyen (CDU), dass einzelne große Internet-Anbieter bald einen Vertrag zur Blockade kinderpornografischer Seiten mit dem Staat abschließen. "Wir sind zuversichtlich, dass Provider in den nächsten Wochen eine freiwillige Vereinbarung unterzeichnen", erklärte ein Sprecher des Familienressorts am heutigen Samstag gegenüber heise online. Welche Zugangsanbieter das seien, werde man dann sehen. Bisher hatte vor allem Vodafone einen solchen Schritt in Betracht gezogen. Nach einem Gespräch zwischen von der Leyen und dem Chef der Deutschen Telekom, René Obermann, gab es Ende Februar auch aus dem Bonner Konzern entsprechende erste Signale. Die Telekom pocht aber darauf, dass eine vertragliche Regelung "Rechtssicherheit" gewähren muss.

Das Familienministerium zieht somit gänzlich andere Schlüsse aus dem gestrigen abschließenden Treffen der Arbeitsgruppe "Access Blocking" zwischen Vertretern der Internet-Branche und der Politik als Teilnehmer aus der Wirtschaft. Bei diesen hatte sich der Eindruck eingestellt, dass die von der Familienministerin mit Nachdruck geforderte "freiwillige" Vereinbarung der Provider mit der Bundesrepublik Deutschland "über die Erschwerung des Zugangs zu kinderpornografischen Inhalten im Internet" vom Tisch sei. Vielmehr habe man allein über Eckpunkte für die von Branchenverbänden geforderte gesetzliche Regelung gesprochen, mit deren Verabschiedung in dieser Legislaturperiode aber kaum mehr zu rechnen sei.

Zuvor war bekannt geworden, dass das Bundesjustizministerium die Vertragslösung nicht für ausreichend hält. "Effektive Sperrmaßnahmen" würden "eine klare gesetzliche Grundlage" benötigen, ließ die Chefin des Justizressorts, Brigitte Zypries (SPD), laut Spiegel ihre Kollegin im Familienministerium in einem fünfseitigen Brief wissen. Es gehe schließlich um Eingriffe ins Fernmeldegeheimnis. Von der Leyen sieht dennoch "keine Hürden, die nicht aus dem Weg geräumt werden können". Mit Eckpunkten für einen Gesetzesentwurf soll sich das Bundeskabinett am 25. März befassen, erste Provider dann in Vorleistung treten. Einzelne Verträge seien bereits unterschriftsreif, sagte von der Leyen der "Neuen Presse" in Hannover. Seiten im Internet, auf denen die Vergewaltigung von Kindern vor laufender Kamera oder auf Fotos zu sehen sei, müssten hierzulande endlich – wie in skandinavischen Ländern – blockiert werden. Dies hemme den Anreiz, "Nachschub zu liefern".

Unterstützung in der anstehenden Machtprobe mit Zypries erhält die Familienministerin von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU): "Kinderpornografie ist abscheulich." Mit dem Hinweis, "wir sollten mit vereinten Kräften dagegen vorgehen, anstatt mit juristischen Spitzfindigkeiten den Eindruck zu erwecken, unsere Verfassung schütze Kinderpornografie", wischte er zugleich Bedenken im eigenen Haus gegen eine Vertragslösung und die Umleitung von Domain-Anfragen auf eine Stopp-Seite weg. Da dabei die IP-Adressen von Surfern anfallen und Grundrechte der Betroffenen eingeschränkt würden, hat sich bislang noch niemand bereit erklärt, das virtuelle Warnschild zu betreiben. Auch das Bundeskriminalamt (BKA), das hierzulande als erstes die von Experten als wirkungslos erachteten Web-Blockaden gegen Kinderpornografie ins Spiel brachte, will diese heiße Kartoffel nicht in Händen halten. (Stefan Krempl) / (ad)