Berlin will "reisende Gewalttäter" in Datenbanken erfassen

Die Bundesregierung befürwortet es, Daten von Personen zu erfassen, von denen bei Großereignissen "erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen". Mit sozialen Medien habe sich das Protestgeschehen gewandelt.

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Die Bundesregierung hält es für sinnvoll, Datenbanken über "reisende Gewalttäter" einzurichten. Die Daten von Personen, von denen im Zusammenhang mit Großereignissen "erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen" könnten so "staatenübergreifend" ausgetauscht werden, um Sicherheitsrisiken zu verringern, heißt es in einer Antwort des Innenministerium auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken.

Zunächst müsse aber die Zielgruppe einheitlich definiert werden, meint die Bundesregierung. Vor allem im englischsprachigen Raum verbreitete Begriffe wie "Ordnungsstörer", "Risikofan" oder "Hooligan" seien noch nicht miteinander abgestimmt und rechtsstaatlich nicht eindeutig voneinander abgegrenzt. Das Innenministerium habe für eine EU-Studie das deutsche Verständnis vom "gewaltbereiten Störer" eingebracht.

Nicht nur "Gewalttäter Sport" will die Bundesregierung in Datenbanken erfassen.

(Bild: sxc.hu)

Die Vorstellungen Berlins gehen dabei recht weit. Den Begriff etwa auf sportliche Großereignisse wie Fußballspiele einzuengen hält die Bundesregierung nicht für geboten, sie fasst auch Veranstaltungen aus den Bereichen Freizeit, Politik oder Umwelt darunter. Reisende Gewalttäter könnten so etwa vor einem G8-Gipfel genauso besonders beobachtet werden wie etwa bei größeren Protestaktionen.

Als einen Grund dafür, solche Register einzurichten, nennt die Regierung ein "Protestgeschehen", das sich durch soziale Medien gewandelt habe. Facebook können zum Planen oder YouTube zum Dokumentieren von "Ausschnitten" einzelner Aktivitäten genutzt werden. Die neuen Medien stellten "die Polizeien aller europäischer Länder" aber auch vor neue Herausforderungen, "ihre Arbeit bürgernah zu gestalten".

In der EU gibt es schon mehrere zentrale Datenbanken im Sicherheitsbereich wie etwa das Schengener Informationssystem (SIS, die Fingerabdruckdatei Eurodac oder das Visa-Register (VIS). Auch das neue SIS II stelle aber keine polizeiliche Informationssammlung zu "reisenden Gewalttätern" oder vergleichbaren kriminellen Gruppen beziehungsweise potenziellen Gefährdern dar. Es könne hier allenfalls als "passives Fahndungssystem" dienen. Hierzulande führen Bundeskriminalamt (BKA) und Bundespolizei bereits eine Vielzahl von Warndateien. Besonders umstritten ist die sogenannte Hooligan-Datei für "Gewalttäter Sport".

Die Bundesregierung plädiert dafür, dass die Mitgliedsstaaten selbst entscheiden können sollten, ob sie Datenbanken für umherziehende Gewalttäter aufsetzen. Mittel wie Reisesperren hält die Regierung für "grundsätzlich geeignet", um Personen, "von denen aufgrund vorhergehenden gewalttätigen Verhaltens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erhebliche Sicherheitsstörungen zu erwarten sind", an der Teilnahme etwa an einer Sportveranstaltung in einem anderen Mitgliedsstaat zu hindern. Das Recht, sich "friedlich und ohne Waffen zu versammeln", sieht das Innenministerium dadurch nicht beeinträchtigt. (vbr)