Geplante Eckpunkte zu Kinderporno-Sperren lassen Kernfragen offen

Das Bundeskabinett hat sich im Streit um die Zugangserschwernis zu kinderpornographischen Webseiten auf sieben unverbindliche Punkte für ein mögliches Gesetz geeinigt, die Providern aber kaum die geforderte Rechtssicherheit bringen dürften.

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Das Bundeskabinett hat sich im Streit um die von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen mit Nachdruck geforderte Vereinbarung über die Zugangserschwernis zu kinderpornographischen Webseiten auf sieben unverbindliche Eckpunkte für einen möglichen Gesetzesentwurf geeinigt. Das heise online vorliegende Papier aus dem Ressort der CDU-Politikerin, das die Bundesregierung in ihrer Kabinettsitzung am morgigen Mittwoch beschließen soll, umfasst sieben sehr allgemein gehaltene Inhaltsbeschreibungen für eine gesetzliche Regelung. Schon an zweiter Stelle heißt es darin unmissverständlich, dass im Rahmen der angestrebten gesetzlichen Regelung noch "Fragen bezüglich des Schutzes der Grundrechte" zu klären seien. Diese bezögen sich vor allem auf das Fernmeldegeheimnis sowie die Rechte auf Berufsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung.

Die von Providern wie der Deutschen Telekom verlangte Rechtssicherheit für die von der Familienministerin gewünschte rasche Unterzeichnung einer vertraglichen Selbstverpflichtung großer deutscher Zugangsanbieter können die Eckpunkte somit nicht bieten. Die Beschlussvorlage sichert ihnen allein allgemein zu, dass "Haftungsansprüche wirtschaftlich nicht von ihnen zu tragen sind". Voraussetzung dazu sei, dass sich die Provider "bei der Durchführung der Maßnahmen" zu Websperren an die nicht näher erläuterten "rechtlichen Vorgaben" halten. Zudem soll es keine Verpflichtung für die Anbieter geben, "selbst nach illegalen kinderpornographischen Inhalten zu forschen". Die Liste der zu sperrenden Webadressen werde durch eine staatliche Stelle bereitgestellt und verantwortet. Dabei werde sichergestellt, "dass keine legalen Angebote auf die Liste gelangen und ein effektiver Rechtsschutz möglich ist".

Aus präventiven Gründen soll gegenüber den Nutzern ferner klargestellt werden, warum ihnen der Zugang zu einer angesteuerten Webseite verwehrt werde. Gleichzeitig sei ein Informations- und Beschwerdeweg zu eröffnen. Dies werde durch geeignete Maßnahmen wie etwa eine Verpflichtung der Provider umgesetzt, auf eine "gegebenenfalls von ihnen betriebene Stopp-Seite" umzuleiten. Die Zugangsanbieter wehren sich derzeit aber genauso wie das bisher für die Listenerstellung im Gespräch gewesene Bundeskriminalamt (BKA) gegen den Betrieb des virtuellen Warnschilds, da dabei die IP-Adressen der betroffenen Nutzer zumindest kurzfristig gespeichert werden müssten. Den damit befürchteten Grundrechtseingriff möchte keine der an der Debatte beteiligten Seiten verantworten. Abschließend hält das Dokument fest, dass erst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens "die Eignung und Effizienz der unterschiedlichen technischen Sperrmaßnahmen zu erörtern sein werden".

Die Eckpunkte sind der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich das Kabinett im Vorfeld der Beschlussfassung in aller Eile verständigen konnte. Dem Vorstoß von der Leyens hatte vor allem Bundesjustizministerin Brigitte Zypries Kontra gegeben. Die SPD-Politikerin führte ohne Verabschiedung einer klaren Gesetzesnorm "erhebliche verfassungsrechtliche Risiken" gegen den Vorschlag ihrer Kabinettskollegin ins Feld. Für Internet-Sperren müsste "auch die Kommunikation von Millionen völlig unbescholtener Internetbenutzer gefiltert werden", erläuterte sie jüngst neben zahlreichen weiteren Bedenken in einem Brief an die Familienministerin ihre Haltung.

Von der Leyen hatte dagegen Teilen der Internetwirtschaft vorgeworfen, eine "Blockadehaltung" einzunehmen und "eine Nebelkerze nach der anderen" zu werfen. Aus dem Bundesinnenministerium war zugleich zu hören, dass die Gespräche mit Vodafone und Kabel Deutschland über eine vertragliche Regelung positiv verlaufen seien. Der Kabelnetzbetreiber wies diese Darstellung inzwischen aber entschieden zurück. Die internen Prüfungen über rechtliche und technische Fragen würden noch andauern. Alle großen Provider betonen zudem, schon jetzt in Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden entschlossen gegen kinderpornographische Angebote hierzulande vorzugehen.

Laut dem Sprechzettel für die öffentliche Ankündigung des Eckpunktepapiers will die Bundesregierung "mit aller Entschiedenheit den Kampf gegen Kinderpornographie verstärken". Erklärtes Ziel sei es, neben dem Schutz der Opfer und dem Kampf gegen deren erneute "Viktimisierung" den "kommerziellen Massenmarkt für Kinderpornographie empfindlich zu stören und ein klares gesellschaftliches Signal zur Ächtung von Kinderpornographie zu setzen". Die polizeiliche Kriminalstatistik weise seit Jahren einen Anstieg bei der Verbreitung von Kinderpornografie aus. Im Jahr 2007 habe sich die Rate im Internet mehr als verdoppelt. Experten hielten den im Raum stehenden Ansatz bei einer Bundestagsanhörung dagegen für ineffektiv.

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(Stefan Krempl) / (pmz)